rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 3 AO bei erstmaliger Steuerfestsetzung. Umsatzsteuererklärung ist kein Antrag i. S. d. § 171 Abs. 3 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 170 Abs. 3 AO regelt eine Anlaufhemmung für die Aufhebung oder Änderung antragsgebundener Festsetzungen von Steuern und Steuervergütungen.

2. Die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 3 AO kommt nicht zum Tragen, wenn es weder um eine Aufhebung oder Änderung noch eine Berichtigung einer bereits erfolgten Steuerfestsetzung, sondern ausschließlich um die Rechtmäßigkeit einer erstmaligen Steuerfestsetzung geht.

3. Eine Umsatzsteuererklärung ist kein Antrag i. S. d. § 171 Abs. 3 AO.

 

Normenkette

AO § 170 Abs. 3, § 171 Abs. 3, § 169

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.08.2014; Aktenzeichen V R 8/14)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin war seit den 80er Jahre des letzten Jahrhunderts im Handelsregister des Amtsgerichts G. (HRB …) eingetragen. Als Gegenstand ihres Unternehmens war die Herstellung von und der Handel mit Laborchemikalien, mikrobiologischen Produkten, Labormessgeräten und Spezial-Laborglasapparaturen eingetragen. Alleiniger Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin ist seit den 80er Jahre des letzten Jahrhunderts Herr … (nachfolgend abgekürzt: K.K.).

Im Jahr 1999 verlegte die Klägerin ihren Sitz nach C. Sie wurde im Juli 1999 in das Handelsregister des Amtsgerichts C. (HRB …) eingetragen.

Am 10. Januar 2003 erteilte die seinerzeit im Handelsregister des Amtsgerichts G. (HRB …) eingetragen gewesene K & K GmbH i.L. der Klägerin eine Rechnung über die Lieferung von im Einzelnen aufgeführten Chemikalien zum Preis von insgesamt 49.734,66 EUR zzgl. 7.957,55 EUR Umsatzsteuer. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. … ff. der Umsatzsteuerakten Bd. III Bezug genommen. Zur K & K GmbH i.L. ist den dem Finanzgericht Bremen vom Beklagten vorgelegten Behördenakten Folgendes zu entnehmen:

Geschäftsführer der K & K GmbH war ebenfalls K.K.

Durch rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts G. vom … 1986 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der K & K GmbH mangels Masse abgelehnt.

An 19. Dezember 1989 wurde K.K. als alleinvertretungsberechtigter Liquidator der K & K GmbH im Handelsregister des Amtsgerichts G. (HRB …) eingetragen.

Mit Schreiben vom 24. Juli 2003 teilte die K & K GmbH i.L. durch K.K. als Liquidator dem Amtsgericht G. – Registergericht – mit, dass ihr kompletter Geschäftsbetrieb bereits 1986 wegen der Kündigung von Krediten durch die Sparkasse G. eingestellt worden sei.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 und 5. September 2006 teilte die K & K GmbH i.L. durch K.K. als Liquidator dem Finanzamt G.-Stadt mit, dass sie seit Jahren keine Umsätze mehr tätige und ihre Aktivitäten ausschließlich auf die Zwangsbeitreibung von Forderungen, die Vorbereitung von Schadensersatzprozessen, juristische Auseinandersetzungen mit Ex-Kunden und Banken sowie Steuerstreitigkeiten mit dem Finanzamt G.-Stadt beschränkt seien.

Am 31. Dezember 2010 um 23.07 Uhr ging per Telefax das Deckblatt einer am 30. Dezember 2010 vom Geschäftsführer der Klägerin unterschriebenen Umsatzsteuererklärung 2003 beim Beklagten ein. In einem vom 31. Dezember 2010 datierenden Begleitschreiben teilte der Geschäftsführer der Klägerin Folgendes mit: „da es den ehemaligen ‚Fristenbriefkasten’ bei Ihnen nicht mehr gibt, wurden die nachstehenden Unterlagen heute gegen 21.30 Uhr in den ‚Nachtbriefkasten’ des Finanzgerichts … eingeworfen”.

Am 5. Januar 2011 ging die am 30. Dezember 2010 vom Geschäftsführer der Klägerin unterschriebene Umsatzsteuererklärung 2003 vollständig im Original beim Beklagten ein. Die Umsatzsteuererklärung, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, wies einen Erstattungsanspruch i.H.v. 8.088,40 EUR zugunsten der Klägerin aus. Hierzu teilte die Klägerin in einem vom 30. Dezember 2010 datierenden Begleitschreiben mit, dass sich der Erstattungsanspruch „aus der Anschaffung eines Chemikalienlagers” ergebe. In der zusammen mit der Steuererklärung eingereichten Bilanz auf den 31. Dezember 2003, die ebenfalls am 30. Dezember 2010 von ihrem Geschäftsführer unterschrieben wurde, erläuterte die Klägerin, dass die Daten „überschlagsmäßig” ermittelt worden seien und daher eine „gewisse Ungenauigkeit” beinhalteten und dass ihr Steuerberater im Januar noch einen genauen Jahresabschluss erstellen werde.

Am 2. Mai 2011 ging eine geänderte, vom Geschäftsführer der Klägerin am 28. April 2011 unterschriebene Umsatzsteuererklärung 2003 mit einem Erstattungsanspruch i.H.v. 8.582,41 EUR zu ihren Gunsten beim Beklagten ein, die mit Hilfe des Steuerberaters O. angefertigt wurde und auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Der Erstattungsanspruch i.H.v. 8.582,41 EUR ergab sich aus der Differenz zwischen der erklärten Umsatzsteuer i.H.v. 2.557,82 EUR und den erklärten Vorsteuerbeträgen i.H.v. 1...

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