Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer-Vorauszahlung I/95, ersetzt durch Umsatzsteuer-Bescheid 1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.11.1999; Aktenzeichen V R 35/98)

 

Tenor

Die Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 1997 wird aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte der Beklagte fest, daß für eine von der Klägerin gegenüber der … erbrachte nicht steuerbare Leistung am 18. April 1995 zunächst eine Rechnung über … DM mit gesondertem Umsatzsteuerausweis in Höhe von … DM gelegt wurde. Diese Rechnung ist mit Datum vom 26. April 1995 berichtigt worden; der Rechnungsbetrag wurde auf … DM herabgesetzt und die Steuer nicht mehr ausgewiesen.

Nach Auffassung des Beklagten schuldete die Klägerin gemäß § 14 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz –UStG– in Verbindung mit Abschnitt 189 (1) Nr. 3 Umsatzsteuerrichtlinien –UStR– trotzdem den gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag. Eine wirksame, von der Steuerschuld befreiende Rechnungsberichtigung gegenüber ausländischen Unternehmen liege nur vor, wenn die Originalrechnung zurückerhalten wird bzw. der ausländische Unternehmer nachweislich keinen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat.

Gegen den daraufhin erlassenen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid I/1995 vom 24. Juni 1996 legte die Klägerin rechtzeitig Einspruch ein. Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens, nämlich am 11. Dezember 1996, erließ der Beklagte den Umsatzsteuer–(Jahres–)Bescheid 1995. Auf die schriftliche Anfrage des Beklagten vom 18. Dezember 1996, ob der Einspruch gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid I/1995 weiterhin aufrechterhalten werden solle, weil ein Umsatzsteuerbescheid 1995 ergangen sei, bekräftigte die Klägerin am 17. Januar 1997 ihr Interesse an einer Einspruchsentscheidung, bat jedoch, mit der Entscheidung noch zuzuwarten, weil ihr ein noch nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesfinanzhof –BFH– (vom 19. September 1996 V R 41/94) durch einen Hinweis in der Fachliteratur zur Kenntnis gelangt sei.

Am 5. Februar 1997 erging die Einspruchsentscheidung des Beklagten über die Umsatzsteuer-Vorauszahlung I/1995. Der Einspruch wurde mit der Begründung zurückgewiesen, daß der ergangene Umsatzsteuerbescheid 1995 den Vorauszahlungsbescheid ersetzt habe, die vorangegangenen Festsetzungen für Voranmeldungszeiträume mithin in ihrer Wirkung überholt seien. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 1997 Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die rechtzeitig eingegangene Klage. Zu deren Begründung führt die Klägerin im wesentlichen an, daß der Beklagte zu Unrecht keine materiell–rechtliche Entscheidung in der Sache selbst getroffen habe. Der Beklagte habe offensichtlich verkannt, daß der Umsatzsteuer-Jahresbescheid gemäß § 365 Abs. 3 Abgabenordnung –AO– automatisch Gegenstand des Einspruchsverfahrens gegen den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid geworden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 1997 betreffend den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid I/1995 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er hält an seiner Auffassung fest, wonach der im Verlaufe des Einspruchsverfahrens ergangene Umsatzsteuer-(Jahres-)Bescheid 1995 nicht Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden sei. Eine gegen den Jahressteuerbescheid erhobene Klage sei unzulässig, weil die Klägerin gegen diesen keinen Einspruch eingelegt habe.

Dem Senat haben die den Streitfall betreffenden Umsatzsteuerakten Steuernummer … sowie die Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakten Steuernummer … vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die nunmehr nur noch angefochtene Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 1997 verletzt die Klägerin in ihren Rechten, denn der Beklagte hat den gegen den Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid eingelegten Einspruch zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen, dieser habe durch Ergehen des Umsatzsteuer-Jahresbescheides 1995 seine Wirkung verloren. Vielmehr ist der im Verlaufe des Einspruchsverfahrens ergangene Umsatzsteuer-Jahresbescheid 1995 als neuer Verwaltungsakt gemäß § 365 Abs. 3 AO Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens geworden, so daß der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 5. Februar 1997 auch über die materiell-rechtliche Frage hätte entscheiden müssen, ob eine von der Steuerschuld befreiende Rechnungsberichtigung vorliegt.

§ 365 Abs. 3 AO entspricht § 68 Finanzgerichtsordnung –FGO–; § 68 FGO setzt lediglich einen Antrag voraus, während der „ersetzende” Verwaltungsakt nach § 365 Abs. 3 AO automatisch Gegens...

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