Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1989 und 1990

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin

Der Streitwert beträgt … DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde am … im Handelsregister des Amtsgerichts … eingetragen. Nach ihrer Satzung verfolgte sie bis September 1993 ausschließlich und unmittelbar mildtätige Zwecke durch Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind, sowie durch Unterstützung wirtschaftlich hilfsbedürftiger Personen im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 2 AO. Der Satzungszweck sollte insbesondere durch häusliche Krankenpflege, Haushaltshilfe, Hauspflege und Familienpflege verwirklicht werden. Wegen weiterer Einzelheiten nimmt das Gericht Bezug auf die Satzung in den Fassungen vom … und vom … (Bl. 5 und 20 der vorgelegten Gesellschaftsvertragsakte) Der Beklagte bescheinigte der Klägerin mit Bescheid vom … jederzeit widerruflich und befristet bis zum … –, daß sie nach ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar mildtätige Zwecke verfolge und berechtigt sei, Bestätigungen über Zuwendungen im Sinne des § 10 b Einkommensteuergesetz bzw. § 9 Nr. 3 Körperschaftsteuergesetz auszustellen.

Die Klägerin bewarb sich seit November 1988 um eine Mitgliedschaft im … Wohlfahrtsverband …

Nachdem es ihr trotz intensiven Bemühens bis November 1992 nicht gelungen war, Mitglied im … zu werden, änderte sie ihre Satzung durch Beschluß vom … dahingehend, daß sie nicht mehr unmittelbar und ausschließlich mildtätig und selbstlos tätig werde und daß die Vermögensbindung zugunsten des … aufgehoben werde.

Der Beklagte forderte die Klägerin auf, die Umsatzsteuererklärungen 1989 und 1990 abzugeben. Die Klägerin tat dies nicht. Daraufhin schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen unter Auswertung der ihm vorliegenden Jahresabschlüsse 1989 und 1990. Bei der Festsetzung der Steuern legte er den ermäßigten Steuersatz von 7 % zugrunde (festgesetzte Steuer 1989 = … DM; 1990 = … DM). Die Klägerin erhob gegen die Bescheide Einspruch. Sie vertrat die Auffassung, die von ihr erzielten Entgelte seien umsatzsteuerfrei. Der Beklagte wies den Einspruch aber zurück.

Zur Begründung ihrer gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die Umsatzsteuerfreiheit ihrer Pflegeleistungen sei sowohl nach Maßgabe der 6. EG-Richtlinie (EG-RL) als auch nach nationalem Recht begründet.

I. EG-Umsatzsteuerrecht

Art. 13 A Abs. 1 der 6. EG-RL bestimme inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, daß u. a. die Tätigkeit der häuslichen Krankenpflege von der Umsatzsteuer freizustellen sei. Der deutsche Gesetzgeber habe diese Richtlinie nicht umgesetzt. Deshalb könne sie, die Klägerin, sich unmittelbar auf die EG-RL berufen.

1. Nach Art. 13 A Abs. 1 lit. c EG-RL – arztähnliche Berufe – seien von der Umsatzsteuer zu befreien „die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin”, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden. Der deutsche Gesetzgeber habe die EG-RL in § 4 Nr. 14 UStG aus folgenden Gründen nicht zureichend umgesetzt:

  • § 4 Nr. 14 UStG definiere die arztähnlichen Berufe nicht, sondern spreche von „einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG”. Ein Verweis auf „ähnliches” sei jedoch keine Definition. Die Berufe hätten im einzelnen genau benannt oder genau umschrieben werden müssen.
  • • Die RL befreie bestimmte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten von der Steuer. Anknüpfungspunkt seien also Tätigkeiten, nicht aber Berufe. Eine Beschränkung der Begünstigung auf Tätigkeiten, die von den „freien Berufen” erbracht werden, sei zu eng. Deshalb sei es auch unschädlich, wenn die Heilbehandlungen von Kapitalgesellschaften oder von anderen Gewerbetreibenden durchgeführt werden.
  • • Deutschland habe die hier diskutierten Befreiungstatbestände von 1967 bis 1992 nahezu unverändert gelassen und damit die 6. EG-RL von 1977 überhaupt nicht umgesetzt. Die Nichtumsetzung sei kein Fall der Ermessensausübung.
  • • Unter dem Gesichtspunkt der Wettbewerbsneutralität hätte der Gesetzgeber sein Ermessen dahingehend ausüben müssen, daß auch die Leistungen der ambulanten Krankenpflege, sei sie freiberuflich oder gewerblich erbracht worden, steuerbefreit seien.

Nach Art. 13 A Abs. 1 lit. g 6. EG-RL- soziale Einrichtungen – seien die eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Dienstleistungen zu befreien, die durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder durch andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen erbracht werden. Die Betriebe der ambulanten häuslichen Krankenpflege/Haushaltshilfe seinen anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter. Der deutsche Gesetzgeber habe sie EG-normwidrig nicht in den Katalog des § 4 Nr. 16 oder 18 UStG aufgenommen.

  • • Der Bundesfinanzhof sei in seinem Beschluß vom 29. Mai 1991 (UR 1992, S. 147) zu Unrecht der Meinung, der deutsche Gesetzgeber ...

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