Entscheidungsstichwort (Thema)

Bedarfsbewertung eines mit einem befristeten Nutzungsrecht belasteten Grundstücks

 

Leitsatz (redaktionell)

Der objektbezogene Wert eines mit einem zeitlich befristeten Nutzungsrecht belasteten Grundstücks erleidet durch die Nutzungsvereinbarung keine Wertminderung.

 

Normenkette

BewG § 146 Abs. 7, § 145 Abs. 3, § 146 Abs. 6, § 9 Abs. 2, § 138 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 08.10.2003; Aktenzeichen II R 27/02)

 

Tatbestand

Kläger sind die Erben des am ... Januar 19.. verstorbenen E. P. Testamentsvollstreckerin ist die Mutter des Klägers zu 4., Rechtsanwältin B. Der schwer kranke, an den Folgen eines Schlaganfalls leidende Erblasser war Eigentümer eines von ihm - bis zu seiner Aufnahme in ein Krankenheim - und seiner - im März 19.. verstorbenen - Ehefrau K. P. selbst genutzten, 1... qm großen Einfamilienhausgrundstücks in N., R. Aus Sorge über das weitere Schicksal seines Hundes, der drei Jahre alten Neufundländerhündin „K.“, schloss der Erblasser, vertreten durch den zu diesem Zweck berufenen Ergänzungsbetreuer Rechtsanwalt L., mit dem Kläger zu 4. am 12./14. September 1997 folgende schriftliche Vereinbarung ab:

Eigentümer des Grundstücks R., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts S. Bl. ... ist Herr E. P. Das Grundstück ist mit einem Einfamilienhaus bebaut. Herr E. P. - nachstehend „Grundstückseigentümer“ - ist krankheitsbedingt für längere Zeit nicht in der Lage, das Grundstück selbst zu nutzen.

Deshalb wird zwischen dem Grundstückseigentümer und Herrn F. B. - nachstehend „Nutzer“ - folgende Vereinbarung getroffen:

  1. Der Nutzer hat das Recht, das Grundstück zu nutzen. Sein Nutzungsrecht erstreckt sich auf sämtliche Räume des Hauses und auf die Benutzung des Gartens.
  2. Zum Hausstand des Grundstückseigentümers gehört die Neufundländerhündin „K.“ (Alter: 3 Jahre). Der Nutzer verpflichtet sich, gegenüber dem Grundstückseigentümer, die Neufundländerhündin „K.“ artgerecht zu halten und zu versorgen.

    Im Übrigen wird das Nutzungsrecht unentgeltlich gewährt.

  3. Für die Rechtsbeziehung zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer gelten die Bestimmungen über den Nießbrauch an Sachen entsprechend, jedoch mit der Maßgabe, dass sämtliche Lasten, die auf der Sache ruhen, vom Grundstückseigentümer getragen werden. Demgemäß gelten §§ 1045 und 1047 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - als abbedungen.
  4. Das Nutzungsverhältnis endet mit dem Tode der Neufundländerhündin „K.“.

Der Kläger zu 4. zog daraufhin in das Haus des Erblassers und versorgte den Hund. Nach dem Tod des Erblassers erwarb er das Grundstück von der Erbengemeinschaft durch notariellen Vertrag vom 20. Mai 1998 zu einem Kaufpreis von 550.000 DM, den er an die Miterben entsprechend ihrem Erbteil auszahlte.

Der Beklagte stellte für Zwecke der Erbschaftbesteuerung durch gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid vom 11. November 1999 den Wert des Grundstücks R. zum 30. Januar 1998 auf 1.310.000 DM fest und verteilte den festgestellten Wert auf die Kläger entsprechend ihren Anteilen am Nachlass. Er ermittelte den Grundstückswert nach § 146 Abs. 6 des Bewertungsgesetzes - BewG - i. V. mit § 145 Abs. 3 BewG, indem er den gebietstypischen, vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte in Berlin festgestellten Bodenrichtwert zum 1. Januar 1996 von 1.300,00 DM/qm (1.260 qm x 1.300 DM = 1.638.000 DM) um 20 v. H. ermäßigte. Mit dem Ansatz dieses Mindestwerts wich er von dem ihm vorliegenden, von der Testamentsvollstreckerin in Auftrag gegebenen Gutachten des von der Industrie- und Handelskammer zu Berlin öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Ku. vom 25. März 1998 ab. Danach betrug der Verkehrswert des Grundstücks auf den 30. Januar 1998 700.000 DM. Und zwar brachte der Gutachter als Ausgangswert den Bodenwert des Grundstücks zum Bewertungsstichtag mit einem Betrag von 1.285.000 DM in Ansatz. Hierzu führte er im Gutachten aus, dass auf den Bodenrichtwert, der zum 31. Dezember 1997 1.200,00 DM/q m bei einer GFZ von 0,4 betragen habe, aufgrund des bebauten Zustandes und der Grundstücksausnutzung ein Abschlag von rd. 15 v. H. vorzunehmen und der Bodenwert daher nur mit 1.020,00 DM/ qm anzusetzen sei. Der Ermittlung des Gebäudewertes sei ein Gestehungswert von 18,00 Mark/Kubikmeter per 1913 zugrunde zu legen. Daraus ergebe sich ein Bauwert von rd. 335.000 DM zuzüglich 8.000 DM für die Garage und damit ein im Sachwertverfahren per 30. Januar 1998 für das bebaute Grundstück ermittelter Wert von 1.628.000 DM. Da dieser Wert nicht dem Verkehrswert entspreche, sei zur Marktanpassung ein Abschlag auf einen Wert von 1.400.000 DM notwendig. Da ferner davon auszugehen sei, dass der vom Erblasser geschlossene Nutzungsvertrag über das Grundstück gültig und seine vorzeitige Beendigung nicht möglich sei, müsse diese Belastung von dem Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks wertmindernd in Abzug gebracht werden. Dafür sei es erforderlich, den für das unbelastete Grundstück ermittelten Verkehrswert entsprechend einer anzunehmenden Restlebensdauer der Hündin von...

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