Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftsteuer

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.03.1998; Aktenzeichen II R 26/96)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob es aus Billigkeitsgründen geboten ist, die von der Klägerin zu entrichtende Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse III statt nach der Steuerklasse IV festzusetzen.

Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrem am 10. November 1990 verstorbenen Lebensgefährten …. Der Beklagte setzte die Erbschaftsteuer zunächst durch einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestellten Bescheid fest. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, da sie mit einigen Punkten der Nachlaßwertfeststellung nicht einverstanden war. Der im Laufe des Einspruchsverfahrens hinzugezogene jetzige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin beantragte zusätzlich, die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I festzusetzen, da zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers bereits der Hochzeitstermin beim Standesamt … auf den … festgelegt gewesen sei. Gegebenenfalls solle der Beklagte prüfen, ob ein Teilerlaß in Betracht käme.

Während des Einspruchsverfahrens änderte der Beklagte mit dem Erbschaftsteuerbescheid vom 7. Oktober 1994 unter gleichzeitiger Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung die Steuerfestsetzung, in dem er die Erbschaftsteuer bei einem Wert des Erwerbs von … DM gemäß der Steuerklasse IV auf … DM festsetzte.

Da die Klägerin den weitergehenden Einspruch, der sich auf die vom Beklagten angewendete Steuerklasse bezog, nicht zurücknahm, erließ der Beklagte eine Einspruchsentscheidung, gegen die sich eine Klage der Klägerin richtete, die beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen V 108/95 anhängig war. Diese Klage hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 12. Dezember 1995 zurückgenommen.

Außerdem beantragte die Klägerin, die Erbschaftsteuer im Billigkeitswege nach der Steuerklasse III festzusetzen. Sie verwies dazu auf das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 4. Oktober 1984 (IX 345/82 Entscheidungen der Finanzgerichte –EFG– 1985, 247).

Diesen Antrag wies der Beklagte mit Verfügung vom 7. Juli 1995 zurück; er wurde in dieser Entscheidung durch die Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion –OFD– Berlin vom 25. September 1995 bestätigt.

Die Oberfinanzdirektion verneinte sachliche Billigkeitsgründe unter anderem auch deshalb, weil es die Verlobten in der Hand hätten, ihr Verlöbnis durch wiederholte Aufgebotsbestellungen im Dauerzustand zu halten, so daß die Beteiligten einerseits ihre Rentenansprüche behielten, während sie bei Anwendung des Urteils des Finanzgerichts Baden-Württemberg (a. a. O.) dennoch erbschaftsteuerlich günstiger gestellt würden, als es in § 15 Erbschaftsteuergesetz –ErbStG– für Nichtverheiratete, Nichtverwandte und Nichtverschwägerte vorgesehen sei.

Auch hätten andere Finanzgerichte in späteren Entscheidungen (Finanzgericht –FG– Hamburg vom 28. Oktober 1987 II 183/87 EFG 1988, 184 und FG Düsseldorf vom 1. Dezember 1991 4 K 332/87 ErbEFG 1992, 346) die Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg nicht geteilt, und auch der Gesetzgeber habe nach Ergehen des Urteils des Finanzgerichts Baden-Württemberg das Erbschaftsteuergesetz mehrfach geändert, ohne dabei Verlobte oder – einschränkend – Verlobte nach Festlegung des Hochzeitstermins auf dem Standesamt in eine günstigere Steuerklasse aufzunehmen.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin weist darauf hin, daß in ihrem Falle die von der Oberfinanzdirektion geäußerten Bedenken wie etwa eine wiederholte Aufgebotsbestellung oder der Erhalt von Renten durch Nichteingehen der Ehe keine Bedeutung habe.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin vorgetragen, sie habe den Erblasser etwa anderthalb Jahre vor der geplanten Eheschließung und seinem überraschenden Tod bei gemeinsamen Bekannten kennengelernt. Sie sei dann Anfang 1990 mit ihrem damals sechsjährigen Sohn zu dem Erblasser gezogen und habe ihre bisherige Wohnung ihrer erwachsenen Tochter überlassen. Sie sei dann mit dem Erblasser übereingekommen, mit der Hochzeit zu warten, bis die Sommerferien und die Urlaubszeit vorbei seien. Schließlich sei der Hochzeitstermin beim Standesamt … auf den … festgelegt worden. Einige Tage davor habe sich der Erblasser überraschend einer Operation unterziehen müssen, in deren Folge er dann im Krankenhaus verstorben sei.

Die Klägerin hatte im Verwaltungsverfahren beantragt, die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse I festzusetzen, sie hat diesen Antrag auch in ihrer Klageschrift nicht eingeschränkt. In der mündlichen Verhandlung beantragt sie jedoch,

abweichend von dem Bescheid des Beklagten vom 7. Juli 1995 und der dazu ergangenen Beschwerdeentscheidung der Oberfinanzdirektion Berlin vom 25. September 1995 die Erbschaftsteuer nach der Steuerklasse III festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Beide Beteiligten beantragen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Dem Gericht hat ein Band die Klägerin betre...

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