Entscheidungsstichwort (Thema)

Eigengeld unterliegt nicht den Pfändungsschutzbestimmungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Eigengeld im Sinne des § 52 StVollzG stellt eine nach § 309 AO pfändbare Geldforderung dar, die nicht den Pfändungsschutzbestimmungen des § 319 AO in Verbindung mit §§ 850 ff. ZPO unterliegt.

 

Normenkette

AO § 319; ZPO § 850c; StVollzG §§ 52, 47

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.12.2003; Aktenzeichen VII R 24/02)

 

Tatbestand

Der Kläger schuldete dem Beklagten am 16. August 2000 Steuern und steuerliche Nebenleistungen in Höhe von 9.085,36 DM, die größtenteils seit 1995 fällig waren. Zahlungen darauf wurden nicht geleistet.

Mit Urteil des Landgerichts - LG - Berlin vom 27. Mai 1998 wurde der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Das Urteil wurde rechtskräftig. Er befindet sich in der Justizvollzugsanstalt - JVA -.

Dort ist er als Reinigungskraft tätig, wofür er im Jahre 2001 monatlich 358,66 DM netto erhielt. Von diesem Arbeitsentgelt stand dem Kläger ein so genanntes Hausgeld (§ 47 Strafvollzugsgesetz - StVollzG -) von 153,71 DM/Monat zur Verfügung. Der Restbetrag von 204,95 DM wurde ihm als so genanntes Eigengeld (§ 52 StVollzG) gutgeschrieben. Das Überbrückungsgeld gemäß § 51 StVollzG in Höhe von 1.100,00 DM war im August 2000 in Höhe von 407,09 DM angespart, seit Anfang des Jahres 2001 in voller Höhe.

Am 16. August 2000 erließ der Beklagte gegenüber dem Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, mit der er in Höhe von 9.206,36 DM (9.085,36 DM zuzüglich 121,00 DM Vollstrekkungskosten) die Ansprüche des Klägers auf Auszahlung des ihm als Eigengeld bereits gutgeschriebenen und künftig noch gutzuschreibenden Geldes mit Ausnahme des nach § 51 Abs. 4 StVollzG unpfändbaren Teils in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem nach § 51 Abs. 1 StVollzG zu bildenden und dem tatsächlich vorhandenen Überbrückungsgeld pfändete. Wegen der Beträge im Einzelnen nimmt das Gericht auf die Anlage zur Pfändungs- und Einziehungsverfügung Bezug.

Der Beklagte versuchte vergeblich am 23. August 2000 dem Kläger eine Durchschrift der Pfändungsverfügung in der JVA ... zuzustellen, wo er jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr einsaß. Daher wurde die Bekanntgabe der Pfändungsverfügung durch Übersendung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15. Mai 2001 bewirkt.

Dieser hatte bereits am 19. April 2001 durch Vermittlung des Generalstaatsanwalts bei dem Kammergericht Kenntnis von der Pfändungs- und Einziehungsverfügung erlangt und am 9. Mai 2001 Einspruch dagegen eingelegt. Er machte geltend, das Eigengeld unterliege den Pfändungsschutzbestimmungen des § 319 Abgabenordnung - AO - in Verbindung mit § 850c Zivilprozessordnung - ZPO -.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 18. September 2001 zurück und vertrat die Auffassung, das Eigengeld stelle kein Arbeitseinkommen im Sinne des § 850 Abs. 2 und 3 ZPO dar. Es handele sich nicht um ein freiwillig eingegangenes Arbeitsverhältnis, und die Arbeit und das dafür erhaltene Entgelt dienten nicht, wie bei beruflicher Tätigkeit in Freiheit, dem Zweck, Mittel für den eigenen Lebensunterhalt und die Befriedigung der Lebensbedürfnisse der eigenen Familie zu erlangen. Daher komme auch keine analoge Anwendung der §§ 850 ff. ZPO in Betracht.

Darauf hat der Kläger am 15. Oktober 2001 Klage erhoben.

Zur Begründung macht er geltend, sowohl nach dem Wortlaut als auch nach dem Sinn und Zweck des § 850c ZPO sei diese Vorschrift auch auf das Arbeitsentgelt von Strafgefangenen und das daraus gespeiste Eigengeld anwendbar. Der Kläger könne nicht allein auf die von der Justizvollzugsanstalt gewährten Sachleistungen verwiesen werden. Es bestehe ein anerkennenswertes Bedürfnis, eigene Kleidung anzuschaffen, da die Anstaltskleidung von minderwertiger Qualität sei. Ferner wolle der Kläger nach Übergang in die Sicherungsverwahrung seinen Haftraum im Rahmen der Ordnung der Anstalt nach eigenen Vorstellungen ausstatten. Auch daran bestehe für ihn, der sich über lange Zeit in einer Justizvollzugsanstalt aufhalten müsse, ein legitimes Bedürfnis. Schließlich sei es ein Ziel des Strafvollzugsgesetzes, die Verhältnisse innerhalb der Justizvollzugsanstalten denen in Freiheit soweit wie möglich anzugleichen. Dies erfordere auch im Bereich des Pfändungsschutzes, nicht zwischen dem innerhalb und dem außerhalb der Anstalt erzielten Arbeitseinkommen zu unterscheiden.

Der Kläger beantragt,

die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16. August 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. September 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten die eingezogenen Beträge zurückzuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und de Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der beigezogenen Akte Bezug. Dem Gericht hat die vom Beklagten für d...

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