Entscheidungsstichwort (Thema)

Schwarze Kleidung bei hauptberuflich tätigen Trauerrednern keine typische Berufskleidung (Abweichung von der BFH-Rspr.)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein schwarzer Anzug, schwarze Schuhe, eine schwarze Damenbluse oder schwarze Damenpullover stellen als festliche Kleidung, wie sie in breiten Kreisen der Bevölkerung auch heute noch zu festlichen Anlässen getragen wird, sowohl bei hauptberuflich tätigen Trauerrednern und Trauerbegleitern als auch bei allen anderen Berufsgruppen keine „typische Berufskleidung”, sondern gewöhnliche bürgerliche Kleidung dar (Abweichung von den BFH-Entscheidungen v. 30.9.1970, I R 33/69; v. 9.3.1979, VI R 171/77; v. 4.12.1987, VI R 20/85; v. 10.11.1989, VI R 159/86; v. 18.4.1990, III R 5/88). Die Ausgaben für die Anschaffung, Änderung, Reparatur und Reinigung dieser Kleidung sind daher insgesamt nicht als Betriebsausgaben abziehbar.

2. Auf den Umfang und die Ermittlung bzw. den Nachweis einer konkreten Privatnutzung der Kleidung kommt es insoweit nicht an; auch aus der Entscheidung des Großen Senats des BFH zur Möglichkeit der Aufteilung der Aufwendungen für eine gemischt veranlassten Reise (Beschluss v. 21.9.2009 – GrS 1/06) ergibt sich keine andere Beurteilung.

3. Ob Kleidung typische Berufskleidung ist, ist nach ihrer Art zu bestimmen.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1, § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 Sätze 1-2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.08.2022; Aktenzeichen XI R 3/22)

BFH (Urteil vom 16.03.2022; Aktenzeichen VIII R 33/18)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Abziehbarkeit von Ausgaben für Kleidung und deren Reinigung als Betriebsausgaben in den Streitjahren 2008 bis 2010, in denen die Klägerin (nur bis September 2008) und der Kläger als selbständige Trauerredner und Trauerbegleiter tätig waren.

I.

Die Kläger wurden in den Streitjahren als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Wegen der Art und dem Aussehen der bei ihrer Berufsausübung getragenen Kleidung wird auf die Farbfotos Bl. 86 (Anlage zum Schriftsatz vom 03.08.2018) Bezug genommen. Sie ermittelten ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung und berücksichtigten dabei auch Ausgaben für Kleidung und Schuhe sowie für Änderung, Reparatur und Reinigung von Kleidung (vgl. die Listen Bl. 66 der Bp-Akte der Klägerin und Bd. 1 Bl. 868-870 und Bl. 886, 899-900, 914-915 der Bp-Arbeitsakte des Klägers) auf ihrem jeweiligen Konto „Betriebsbedarf” als Betriebsausgaben.

II.1.

Zwischen April 2013 und März 2014 fand eine Betriebsprüfung statt. Die Betriebsprüferin vertrat die Auffassung, es liege keine typische Berufskleidung vor, und bei bürgerlicher Kleidung scheide ein Betriebsausgabenabzug aus. Im Anschluss daran erließ das beklagte Finanzamt – FA – am 01.04.2014 entsprechende Änderungsbescheide zur Einkommensteuer 2008 bis 2010 der Kläger, zur Umsatzsteuer 2008 der Klägerin und zur Umsatzsteuer 2008 bis 2010 des Klägers.

2.

Mit Ihrem Einspruch vom 08.04.2014 verwiesen die Kläger darauf, dass der Bundesfinanzhof – BFH – in näher bezeichneten Entscheidungen den schwarzen Anzug eines katholischen Geistlichen und eines Leichenbestatters als Arbeitskleidung anerkannt habe. Diese Entscheidungen seien auf einen Bestattungsredner übertragbar. Ergänzend bezogen Sie sich auf die Entscheidung des Großen Senats zur Aufteilbarkeit von Kosten für Reisen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung mache es keine Freude, im Sommer mit schwarzer Kleidung im Privatbereich als Bestattungsredner erkennbar aufzutreten.

3.

Mit den Einspruchsentscheidungen vom 01.10.2015 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Kleidungsstücke der Kläger erfüllten im Gegensatz zur Kleidung von Oberkellner, katholischem Geistlichen und Leichenbestatter keine Unterscheidungsfunktion, da praktisch alle Mitglieder der Trauergemeinde solche Kleidung trügen. Außerdem könne auch nicht objektiv ausgeschlossen werden, dass die Kleidung nicht auch bei privaten Anlässen getragen werde.

III.

Hiergegen erhoben die Kläger am 26.10.2015 Klage. Nach Bereinigung anderer Streitpunkte machen sie schließlich nur noch die Hälfte der Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend. Sie führen aus: Wie beim Leichenbestatter, beim Oberkellner und beim katholischen Geistlichen verleihe der schwarze Anzug der Position des Trauerredners Ausdruck und gebe den erwarteten Rahmen. Entscheidend sei die Erwartungshaltung der Hinterbliebenen und der Trauergemeinde. Kein Auftraggeber würde tolerieren, wenn ein Leichenbestatter bei Besprechungen, ein Geistlicher in seiner Predigt und ein Bestattungsredner bei seinen Vorgesprächen und während der Trauerrede keinen schwarzen Anzug nebst schwarzer Schuhe trüge. Der Erwerb von anderen Kleidungsstücken, die nicht als Betriebsausgaben, sondern im Rahmen der privaten Lebensführung erfasst worden seien, sei nachgewiesen worden. Auch der Leichenbestatter, der Oberkellner und der Geistliche könnte...

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