Entscheidungsstichwort (Thema)

Standardsoftware bzw. Trivialprogramme als „Waren” i.S. von § 2a EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Standardsoftware bzw. Trivialprogramme sind als „Waren” i.S. des § 2a Abs. 2 EStG zu behandeln. Die Entwicklung von Standardsoftware bzw. Trivialprogrammen und der Verkauf gegen ein einmaliges Entgelt durch eine ausländische Kapitalgesellschaft können daher zu einer den uneingeschränkten Verlustausgleich ermöglichenden aktiven gewerblichen Tätigkeit i.S. von § 2a Abs. 2 EStG führen. Im Streitfall handelte es sich um ein an eine Vielzahl von Anwendern gerichtetes, nicht auf dem Computer des Endnutzers installiertes, sondern auf einem Server des Anbieters gegen eine einmalige Zahlung zur Verfügung gestelltes, mit dem Google-Programm vergleichbares Softwareprogramm, das die interaktive Nutzung und die Ansicht von 3-D-Darstellungen ermöglicht und es zulässt, gleichzeitig von verschiedenen Standorten aus dreidimensionale Darstellungen bearbeiten und verändern zu können.

 

Normenkette

EStG 2002 § 2a Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 1 S. 1 Nr. 4, § 17 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen IX R 23/08)

BFH (Urteil vom 28.10.2008; Aktenzeichen IX R 23/08)

 

Tenor

Die Einkommensteuer 2002 wird unter Änderung des Bescheides 2002 vom 17.5.2005 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 9.11.2004 unter Berücksichtigung eines Verlustes aus der Veräußerung der Beteiligung an der X-Inc. in Höhe von 133.792 EUR festgesetzt.

Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger erwarb im April 2000 103.448 Aktien der X-Inc., USA, was einer Beteiligung von 9,68% am Gesellschaftskapital entsprach. Die Anschaffungskosten beliefen sich auf umgerechnet 313.925,58 EUR. Ferner erwarb er nicht stimmberechtigte Vorzugsaktien zu einem Kaufpreis von umgerechnet 10.457,86 EUR. Gegenstand der Gesellschaft war die Entwicklung und der Vertrieb des Softwareprodukts A. Im Dezember 2002 veräußerte er die Beteiligung an die Y-GmbH & Co.KG in L für 56.901,19 EUR und erklärte für 2002 einen Veräußerungsverlust nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 133.792 EUR. Die Festsetzung der Einkommensteuer erfolgte ohne Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die US-Gesellschaft habe mit dem Vertrieb von Rechten (Software) eine lediglich passive Tätigkeit ausgeübt, weshalb der Verlust nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 EStG nur mit zukünftigen positiven Einkünften derselben Art und aus demselben Staat verrechnet werden könne.

In der die Festsetzung bestätigenden Einspruchsentscheidung vom 9.11.2004 führte der Beklagte ergänzend aus, die von der US-Gesellschaft entwickelte Software stelle ein immaterielles Wirtschaftsgut dar, dessen Vertrieb sich nicht unter den Begriff der Ware nach § 2a Abs. 2 S. 1 EStG die subsumieren lasse. Es handele sich vielmehr um die vom Verlustabzug ausgeschlossene Übertragung von Nutzungsrechten.

Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass es sich bei der in Rede stehenden Software um Standardsoftware für unterschiedlichste Anwendungsfelder und deshalb um „Ware” im Sinne des § 2 a Abs. 2 EStG handele. Nach dem Geschäftsplan der X-Inc. (Anlage 6) handele es sich bei dem A um eine skalierbare Internet-Infrastruktursoftware für die Schaffung und Bereitstellung von Anwendungen und Anwendungsdiensten im Internet, die interaktive, photorealistische Bilder auf Basis komplexer 3D-Szenendaten erforderten. A sei Plattform für die Entwicklung von Anwendungen und Anwendungsdiensten im Internet und damit Standardbestandteil der für diese Anwendungen erforderlichen Computer, da diese ohne diese Software nicht betrieben werden könnten. Die auf A basierten Softwareanwendungen ermöglichten die interaktive Veränderung und Visualisierung existierender und neu erzeugter 3 D-Inhalte. Zu den Bereichen, die von A profitierten, gehörten u. a. die Fernwartung und -reparatur, medizinische Diagnose und Operationsplanung, Simulation und Analyse geophysikalischer Daten, Verteidigungs- und Sicherheitsanwendungen sowie interaktive Onlinespiele.

Da ein weltweiter Vertrieb des Produkts angestrebt gewesen sei, sei der Einzelverkaufspreis pro Computer lediglich mit 200,00 bis 300,00 US$ kalkuliert worden. Als sich jedoch in der zweiten Jahreshälfte abgezeichnet habe, dass die von Anfang an geplante Einwerbung weiteren Eigenkapitals nicht gelingen würde, sei beschlossen worden, die operative Geschäftstätigkeit im Oktober 2001 einzustellen. Als größte Aktionärin habe die damalige Y-GmbH & Co.KG in L die Geschäftsanteile der anderen Aktionäre übernommen.

Der gesetzlich nic...

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