Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestechungsgelder als sonstige Einkünfte. Kein Steuerabzug von Zahlungen des Arbeitnehmers zur Wiedergutmachung des durch Bestechung entstandenen Schadens an seinen ehemaligen Arbeitgeber. Strafverteidigungskosten sind keine Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bestechungsgelder, die der Steuerpflichtige von einem Kunden seines Arbeitsgebers für eine Bevorteilung bei der Auftragserteilung erhalten hat, sind als sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 3 S. 1 EStG steuerbar.

2. Nur wenn der Steuerpflichtige Bestechungsgelder an den Zahlenden zurückzahlt, ist dies nach der Rechtsprechung des BFH im Jahr des Abflusses Einkünfte mindernd zu berücksichtigen.

3. Diese Rspr. findet aber keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer Zahlungen zur Schadenswiedergutmachung an seinen geschädigten Arbeitgeber leistet.

4. Auch soweit der Arbeitnehmer zur Wiedergutmachung des durch die Bestechung entstandenen Schadens gegenüber dem Arbeitgeber auf eine bereits vereinbarte Abfindung und Pensionsansprüche verzichtet, ist dies nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen.

5. Strafverteidigungskosten sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit in Abzug zu bringen.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 3 Sätze 1, 3, § 9 Abs. 1 S. 1, § 11 Abs. 2 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.06.2015; Aktenzeichen IX R 26/14)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger war bei der X. Pharma GmbH für die Vergabe von Aufträgen zur Durchführung von Arzneimittelstudien zuständig. Im Jahr 1998 bot er Herrn A., der Mitglied der erweiterten Geschäftsführung der Y. GmbH war, an, diese bei der künftigen Vergabe von Aufträgen der X. Pharma GmbH zu bevorzugen. Zur Abgeltung dieser Bevorzugung sollte die Ehefrau des Klägers Scheinrechnungen an Herrn A. über tatsächlich nicht erbrachte Leistungen stellen. Diese beliefen sich vom 6.11.2000 bis zum 3.5.2005 auf insgesamt 1.924.734,82 EUR. Abzüglich von Rückflüssen an A. ergaben sich an die Ehefrau des Klägers gezahlte Bestechungsgelder i.H.v. 1.651.023,90 EUR. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Strafurteil des Landgerichts L. vom 24.8.2006 Bezug genommen (Bl. 76 ff. der Gerichtsakte). Das damals zuständige Finanzamt berücksichtigte die erhaltenen Zahlungen in den Einkommensteuerbescheiden erklärungsgemäß als Einkünfte der Ehefrau.

Die X. Pharma GmbH kündigte das Anstellungsverhältnis mit dem Kläger zum 30.9.2005. Im Abwicklungsvertrag vom 5.4.2005 wurde festgelegt, dass der Kläger aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine am Tag des Ausscheidens fällige Abfindung in Höhe von brutto 245.000,00 EUR erhalte, ebenso für das Geschäftsjahr 2004 einen Bonus in Höhe von brutto 13.000,00 EUR, der mit der Gehaltszahlung für den Monat April 2005 zur Auszahlung gelange. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Abwicklungsvertrag verwiesen (Bl. 42 f der Gerichtsakte) Mit Vereinbarung vom 16.8.2006 verpflichtete sich der Kläger, zum Zwecke der Schadenswiedergutmachung einen Betrag i.H.v. 1,2 Millionen EUR an die nunmehr als Z. GmbH firmierende zu zahlen. Auf diese Vereinbarung wird ebenfalls Bezug genommen (Bl. 39 ff. der Gerichtsakte). Im Bericht vom 8.1.2007 über die steuerlichen Feststellungen zu der bei dem Kläger durchgeführten Prüfung führte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung M. unter Textziffer 16 aus, dass die an die Ehefrau des Klägers geflossenen Bestechungsgelder als sonstige Einnahmen des Klägers zu erfassen seien. Auf den in der beigezogenen Hinweisakte befindlichen Bericht wird Bezug genommen.

In der Einkommensteuererklärung 2006 machte der Kläger einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.425.834,28 EUR als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht-selbstständiger Arbeit geltend. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Zahlung der 1,2 Millionen EUR an die Z. GmbH, dem Verzicht auf die Abfindung, den der Kläger mit dem Nettowert nach Steuer mit 55 % von 245.000,00 EUR = 134.750,00 EUR ansetzte, dem Verzicht auf Pensionsansprüche i.H.v. 32.801,00 EUR sowie den Kosten für die Strafverteidigung i.H.v. 49.003,28 EUR und die Steuerberatung i.H.v. 9.280,00 EUR. Nachdem der Beklagte die Werbungskosten zunächst erklärungsgemäß berücksichtigt hatte, erließ er am 1.6.2010 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem er die Werbungskosten unter Hinweis auf § 22 Nr. 3 EinkommensteuergesetzEStG – und die Entscheidung des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 26.1.2000 – IX R 87/95 (Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2000, 396) nicht mehr ansetzte. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 8.2.2012 führte der Beklagte aus, dass die von dem Kläger erhaltenen Bestechungsgelder sonstige Einkünfte im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs führe lediglich die Rückzahlung an den Zahlenden zu negativen Einnahmen. Der Kläger...

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