rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozessuale Folgen der einseitigen Hauptsacheerledigungserklärung eines Rechtsanwalts bei Anfechtung von geschätzten Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden, späterer Abgabe einer Jahresumsatzsteuererklärung und bislang fehlender Zustimmung des Finanzamts zu dieser Jahresumsatzsteuererklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat ein Rechtsanwalt als Geschäftsführer und Prozessbevollmächtigter einer GmbH zunächst die Feststellung der Nichtigkeit der vom Finanzamt geschätzten Umsatzsteuervorauszahlungen eines Kalenderjahres sowie die Aufhebung der Vorauszahlungsbescheide beantragt und nach Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung einseitig die Erledigung der Hauptsache erklärt, so ist der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt, wenn die eingereichte Jahresumsatzsteuererklärung nicht nach § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, weil sie eine geringere verbleibende Umsatzsteuer ausweist als die Summe der zuvor festgesetzten Vorauszahlungen und das Finanzamt mangels Einreichung eines Jahresabschlusses bislang weder der Jahreserklärung zugestimmt noch einen Jahresumsatzsteuerbescheid erlassen hat.

2. Ein vor dem FG geführter Rechtsstreit ist in der Hauptsache erledigt, wenn nach Eintritt der Rechtshängigkeit ein Ereignis eingetreten ist, durch welches das gesamte im Verfahren streitige – nach Maßgabe des Klageantrags zu bestimmende – Klagebegehren objektiv gegenstandslos geworden ist.

3. Erklärt ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter einen Rechtsstreit für erledigt, ohne zu erklären, dass hilfsweise über die bisherigen Sachanträge entschieden werden solle, und widerspricht das Finanzamt dieser Erklärung, so beschränkt sich der Rechtsstreit in der Folge grundsätzlich auf die Erledigungsfrage und die Kostenentscheidung.

 

Normenkette

AO § 168 Sätze 1-2, § 164 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 124 Abs. 3; FGO § 41 Abs. 2 S. 2, § 40 Abs. 1, § 138 Abs. 1, § 135 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

Streitgegenstand waren die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das 1. bis 3. Kalendervierteljahr 2014, welche der Beklagte auf Grundlage geschätzter Besteuerungsgrundlagen erlassen hat.

Die Klägerin ist eine 2001 gegründete GmbH, welche im Bereich der Unternehmensberatung tätig ist. Geschäftsführer waren im Streitzeitraum u. a. B…. Dieser ist auch einzelunternehmerisch als Rechtsanwalt tätig und ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin.

Mit Schreiben ebenfalls vom 20.12.2013 (Bl. 19 der Umsatzsteuer-Voranmeldungsakte – USt-VA –) teilte der Beklagte der Klägerin mit, „ab 2014” werde „von einer Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen vorerst verzichtet”. Mit Schreiben an die Klägerin vom 12.02.2014 (Bl. 20 USt-VA) führte der Beklagte aus, die Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr habe mehr als 1.000,00 EUR betragen. Das Gesetz sehe in solchen Fällen grundsätzlich eine Verpflichtung zur vierteljährlichen Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen vor. Die Klägerin möge „weiterhin ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen vierteljährlich” einreichen.

Mit Schätzungsbescheiden vom 15.12.2014 (Bl. 5ff. der Gerichtsakte – GA –) setzte der Beklagte die Umsatzsteuervorauszahlung für das 1. Kalendervierteljahr 2014 auf 3.439,00 EUR, für das 2. Kalendervierteljahr 2014 auf 5.049,00 EUR und für das 3. Kalendervierteljahr 2014 auf 2.617,00 EUR fest.

Die Klägerin legte gegen die Bescheide vom 15.12.2014 jeweils am 19.01.2015 (Montag) Einspruch ein (Bl. 34ff. USt-VA).

Mit Einspruchsentscheidung vom 23.03.2015 (Bl. 10 GA) wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Bescheide vom 15.12.2014 als unbegründet zurück.

Mit Schätzungsbescheid vom 02.04.2015 (Bl. 62 GA) setzte der Beklagte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 4. Kalendervierteljahr 2014 auf 4.807,00 EUR fest.

Am 27.04.2015 (Montag) hat die Klägerin Klage gegen die Vorauszahlungsfestsetzungen für das 1. bis 3. Kalendervierteljahr 2014 erhoben und in der Klageschrift ausgeführt, der Beklagte habe mit Schreiben vom 20.12.2013 auf die Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen für 2014 verzichtet. Aus der Jahresveranlagung für 2013 habe sich nichts Abweichendes ergeben.

Die Klägerin hat in der Klageschrift (Bl. 1 der Gerichtsakte – GA –) beantragt,

die Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für das 1., 2. und 3. Kalendervierteljahr 2014, jeweils vom 15.12.2014, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.03.2015 aufzuheben.

Am 30.04.2015 hat die Klägerin gegen den Vorauszahlungsbescheid für das 4. Kalendervierteljahr 2014 Einspruch eingelegt (Bl. 54 USt-VA), über den bislang nicht entschieden ist.

Mit Schriftsatz vom 19.08.2015 (Bl. 31 GA) hat die Klägerin ausgeführt, bei der Aufforderung vom 12.02.2014 habe der Beklagte offenbar die mit Schreiben vom 20.12.2013 erteilte Befreiung übersehen. Die tatsächliche Umsatzsteuer 2013 habe der Beklagte am 12.02.2014 offenbar gar nicht gekannt und wider besseres Wissen einen Steuerbe...

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