rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Duldungsanspruch der Finanzbehörde aus dem Anfechtungsgesetz. Vier-Jahres-Frist. unentgeltliche Leistung. Umfang der Duldungspflicht des Alleineigentümers eines Grundstücks nach Anfechtung der Übertragung eines Grundstücksanteils

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 191 Abs. 1 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Der Duldungsanspruch der Finanzbehörde kann sich auch aus zivilrechtlichen Normen wie etwa dem Anfechtungsgesetz (AnfG) ergeben.

2. Wird die Anfechtung nicht im Wege der zivilgerichtlichen Klage, sondern durch Duldungsbescheid geltend gemacht, bestimmt sich die in § 4 AnfG festgelegte Vier-Jahres-Frist gem. § 191 Abs. 1 S. 2 AO nach dem Zeitabstand zwischen dem Wirksamwerden der Rechtshandlung und dem Erlass des Duldungsbescheids.

3. Eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 4 Abs. 1 AnfG liegt im Zwei-Personen-Verhältnis vor, wenn der Empfänger keine angemessene Gegenleistung an den Schuldner zu erbringen hat.

4. Besteht die anfechtbare Rechtshandlung in der Übertragung eines Miteigentumsanteils des Schuldners an einem Grundstück auf eine Person, die dadurch Alleineigentümer des Grundstücks geworden ist, kann der Anfechtungsgläubiger vom Alleineigentümer als Anfechtungsgegner die Zwangsversteigerung des ganzen Grundstücks verlangen, allerdings nur zwecks Befriedigung aus dem Teil des Veräußerungserlöses, der dem Schuldner ohne die anfechtbare Rechtshandlung zugestanden hätte.

 

Normenkette

AO § 191 Abs. 1 S. 2, § 5; AnfG § 1 Abs. 1, §§ 2, 4 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.01.2015; Aktenzeichen VII B 56/14)

 

Tenor

Der Duldungsbescheid vom 3. Dezember 2012 wird dahingehend geändert, dass der Kläger die Zwangsvollstreckung in das Grundstück F. Straße in G. durch den Beklagten soweit dulden muss, bis der Beklagte in Höhe von 141.981,51 Euro aus dem hälftigen Veräußerungserlös für das Grundstück befriedigt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 3/4 und dem Beklagten zu 1/4 auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheids.

Der Vater des Klägers B. ist Geschäftsführer der C. GmbH.

Im Rahmen eines seit dem Jahr 2009 laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen B. als Geschäftsführer der C. GmbH wegen des Verdachts des Subventionsbetrugs und der Steuerhinterziehung ordnete das Amtsgericht D. mit Beschluss vom 15. Januar 2010 den dinglichen Arrest i. H. v. 114.650 Euro in das Vermögen der C. GmbH an. Ausweislich der Gründe dieses Arrestbeschlusses bestand der dringende Tatverdacht, dass die C. GmbH mit anderen Firmen wechselseitig Scheinrechnungen für nicht stattgefundene Beratungsleistungen ausgestellt und hierfür jeweils 1.500 Euro Zuwendungen vom Bundesamt erhalten habe. Im Laufe der weiteren Ermittlungen habe sich der Verdacht erhärtet, dass sich die Geschäftstätigkeit der C. GmbH überwiegend auf das betrügerische Erlangen von Fördermitteln erstreckt habe und dass an die C. GmbH im nichtverjährten Tatzeitraum unrechtmäßige Zuschüsse i. H. v. insgesamt 114.650 Euro weitergeleitet worden seien. Der dingliche Arrest wurde angeordnet, um eine Verschiebung des bestehenden bzw. frei werdenden Vermögens der C. GmbH und damit die Vereitelung einer späteren Vollstreckung der Ansprüche der Geschädigten aus diesen Straftaten auf Rückgewinnung zu verhindern.

Die in Vollziehung dieses Arrestes am 18. Januar 2010 erfolgte Pfändung eines Kontos der C. GmbH bei der E. Bank wurde am 2. März 2010 unter der Bedingung aufgehoben, dass 20.000 Euro an die Gerichtszahlstelle D. unwiderruflich überwiesen werden. Dies geschah am 3. März 2010.

Am 1. März 2010 schlossen B. und seine Ehefrau H. mit dem Kläger einen notariellen Grundstücksüberlassungsvertrag, wonach sie jeweils ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück F.-Straße in G., (eingetragen im Grundbuch Blatt 628 des Amtsgerichts F.) auf den Kläger gegen Anrechnung des Wertes des Grundbesitzes auf seinen Pflichtteil nach B. und H. überlassen. Laut dem Überlassungsvertrag betrug der Verkehrswert des Grundstücks 180.000 Euro. B., H. und der Kläger vereinbarten hinsichtlich der einzigen Belastung des Grundstücks, einer im Grundbuch eingetragenen und an die I. Bank in J. abgetretenen Grundschuld in Höhe von 400.000 DM (= 204.516,75 Euro), dass diese Belastung mit dem Grundstücksüberlassungsvertrag zur Löschung gebracht werden soll. B. und H. verpflichteten sich, die Löschungsbewilligung nachzureichen. Am 23. September 2010 wurden die Auflassung und die Löschung der Grundschuld ins Grundbuch eingetragen.

Bei einer Betriebsprüfung bei der C. GmbH für die Jahre 2003 bis 2005 kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass bei einer Anzahl von Ausgangs- und Eingangsrechnungen der C. GmbH im Zusammenhang mit durch das Bundesamt geförderter „Unternehmensund Existenzgründerberatung” kein Leistungsaustausch im umsatzsteuerlichen Sinne vorg...

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