Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Genehmigung der Ist-Versteuerung bei Gefährdung des Steueraufkommens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aus der fehlenden Ablehnung eines Antrags auf Ist-Versteuerung folgt nicht deren hinreichend eindeutige Genehmigung.

2. Beantragt eine ihre Gewinne durch Betriebsvermögensvergleich ermittelnde GbR im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung im Zusammenhang mit ihrer Gründung die Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten und liegen die Gesamtumsätze unterhalb der in § 20 Abs. 1 UStG genannten Höchstgrenzen, besteht kein Anspruch auf Gestattung der Ist-Versteuerung, wenn diese zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung des Steueranspruchs oder zu einer Erschwerung bei der Prüfung der Umsätze führt.

3. Erbringt die GbR gegenüber ihrem liquiditätsschwachen Gesellschafter, die beide von einander nahestehenden Familienangehörigen beherrscht werden, umfangreiche Leistungen und verhindert die Genehmigung der Ist-Versteuerung eine zeitnahe Umsatzversteuerung, während der Gesellschafter die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug besitzt, ohne im Falle einer möglicherweise erforderlichen Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zur Rückzahlung der Steuer befähigt zu sein, ist der Antrag auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten wegen vom Gesetz nicht gewollter Vorteile abzulehnen.

4. Bereits eine über längere Dauer zu erwartende Zinsbeeinträchtigung des FA ist ein hinreichender Grund für die Versagung der Ist-Versteuerung.

 

Normenkette

UStG § 20 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Nr. 1, § 16 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 18.11.2015; Aktenzeichen XI R 38/14)

BFH (Urteil vom 18.11.2015; Aktenzeichen XI R 38/14)

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

 

Tatbestand

An der am 12.08.2007 als GbR gegründeten Klägerin waren Herr B. zu 80 % und Herr C. zu 20 % beteiligt. Die Klägerin betrieb ab dem 01.09.2007 einen Gewerbebetrieb im Bereich von Handwerksleistungen Sanitär, Heizung und Klimatechnik. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung im Zusammenhang mit der Gründung einer Personengesellschaft beantragte sie die Umsatzversteuerung nach vereinnahmten Entgelten, obwohl sie selbst ihre Gewinne durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte. Die Gesamtumsätze der Klägerin lagen jeweils unterhalb der in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmsatzsteuergesetzUStG – genannten Höchstgrenzen für die Genehmigung einer Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten.

Eine ausdrückliche Ablehnung der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten erfolgte zunächst nicht. In der Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2010 meldete die Klägerin dem Regel-Umsatzsteuersatz unterfallende Umsätze in Höhe von 5.820 EUR sowie Vorsteuern in Höhe von 2.723,24 EUR an. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 01.10.2010 bis 30.11.2010 kam der Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin unter anderem Wartungs- und Prüfungsleistungen an Heizungsanlagen sowie Arbeiten an Schornsteinen für das Einzelunternehmen ihres Gesellschafters C. – eines Schornsteinfegermeisters – erbringe und diese nicht erklärt habe. Ende Oktober 2010 waren zwei Rechnungen über 61.435,78 EUR netto nebst einem den Vorsteuerabzug bei dem Schornsteinfegerunternehmen des C. ermöglichenden Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von 11.672,80 EUR begeben und von der Klägerin nicht in ihrer Erklärung erfasst worden. In der einen Rechnung (netto 23.515,00 EUR, Umsatzsteuer 4.467,85 EUR) wurde über Leistungen der Klägerin für den Büroausbau des Schornsteinfegerunternehmens abgerechnet. Die andere Rechnung (netto 37.920,78 EUR, Umsatzsteuer 7.204,95 EUR) bezog sich auf Prüfarbeiten an Lüftungsanlagen und Heizungen sowie Arbeiten an Schornsteinen. Ebenso seien Beträge nach § 13b UmsatzsteuergesetzUStG – nicht erklärt worden; hieraus folge eine Korrektur in Höhe von 5.644 EUR, was in der Folge unstreitig blieb.

In einem nach § 164 Abs. 2 AbgabenordnungAO – geänderten, weiter unter Vorbehalt stehenden Bescheid änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzung dahingehend, dass er die Beträge nach § 13b UStG und die an den Gesellschafter erbrachten, aber nicht vorangemeldeten Leistungen berücksichtigte. Diese Verfahrensweise behielt der Beklagte auch in dem Jahresbescheid für das Streitjahr bei. Der Beklagte begründete die Erfassung der Leistungen an den Gesellschafter mit den umfangreichen Geschäftsbeziehungen der Klägerin mit diesem, so dass auch einem Antrag auf Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten nicht gefolgt werden könne. Die praktizierte Verfahrensweise, die einerseits bei der Klägerin zu keiner zeitnahen Umsatzversteuerung, gleichwohl aber beim Gesellschafter zu der Möglichkeit eines zeitnahen Vorsteuerabzugs führe, führe zu einem vom Gesetz nicht gewollten Vorteil beim Vorsteuerabzug.

Die Klägerin trägt vor, dass der Beklagte die Umsatzsteuer zunächst antragsgemäß festgesetzt und die von ihr entrichteten Umsatzsteuerbeträge vorbehaltlos angenommen habe. Erst im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung sei vom Beklagten einem eventuellen Antrag au...

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