rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarung einer überhöhten Abfindungszahlung für die Aufgabe der Geschäftsführerposition bei gleichzeitiger Veräußerung der Geschäftsanteile an der GmbH zum Nennwert als Gestaltungsmissbrauch. Schätzung des Werts der GmbH-Anteile nach dem Stuttgarten Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Soll einer von bisher zwei hälftig an einer GmbH beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern seine Anteile auf den anderen Gesellschafter-Geschäftsführer übertragen und gleichzeitig die Position des Geschäftsführers aufgeben, so kann ein Fall des Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) vorliegen, wenn einerseits als Gegenleistung für die Übertragung die GmbH-Anteile nicht der wirkliche Wert, sondern nur der Nennwert der Anteile vereinbart wird und die GmbH anderseits dem ausscheidenden Gesellschafter für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als Geschäftsführer eine überhöhte Vergütung zahlt (hier: Behandlung des überhöhten Teils der Entlassungsabfindung als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH).

2. Dass die beiden Gesellschafter die Anteile des ausscheidenden Gesellschafters im Nominalwert von 25.000 DM trotz eines damit verbundenen Gewinnbezugsrechts in Höhe von über 100.000 DM lediglich mit 25.000 DM bewertet haben, spricht ebenso für eine unangemessene Gestaltung im Sinne des § 42 Abs. 1 AO wie der Umstand, dass der Gesellschafterbeschluss, durch den die Kündigungsfristen der Geschäftsführeranstellungsverträge verlängert worden sind und eine Abfindungszahlung für den Kündigungsfall von bis zu 150 % des letzten Jahresgehalts geregelt worden ist, in zeitlicher Nähe zum Ausscheiden des Gesellschafters gefasst worden ist.

3. Welcher Wert letztlich den übertragenen Gesellschaftsanteilen tatsächlich beizumessen ist, lässt sich nur im Schätzwege gemäß § 162 Abs. 1 AO ermitteln. Das Stuttgarter Verfahren kann auch dann zur Schätzung des gemeinen Werts der GmbH-Anteile herangezogen werden, wenn im Gesellschaftsvertrag der GmbH für den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters geregelt ist, dass diesem „der wahre Wert der Anteile ohne Berücksichtigung eines Firmenwerts” zu vergüten sein soll.

4. Hat bislang jeder Gesellschafter-Geschäftsführer einen Geschäftsbereich der GmbH eigenständig geführt, kann bei der Ermittlung des gemeinen Werts der Kapitalanteile des ausscheidenden Gesellschafters nicht wertmindernd berücksichtigt werden, dass der von ihm geführte Geschäftsbereich im Gegensatz zu dem von seinem Mitgesellschafter verantworteten Geschäftsbereich nur Verluste erwirtschaftet hat.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; AO § 42 Abs. 1, § 162 Abs. 1; VStR 1995 Abschn. 12; BewG § 11 Abs. 2 S. 5

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung im Streitjahr 1996.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine im Jahre 19.. von den Gesellschaftern R. und J. gegründete Kapitalgesellschaft (GmbH) mit einem Stammkapital von 50.000 DM, welches von beiden Gesellschaftern zu gleichen Anteilen gehalten wurde. Beide Gesellschafter waren zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Klägerin bestellt. Gesellschaftszweck der Klägerin ist die Beratung, Planung, Entwicklung und Konstruktion in allen Bereichen des Maschinenbaus und der Fertigungstechnik.

Am 15. Dezember 1995 hielten die Gesellschafter der Klägerin eine Gesellschafterversammlung ab, in der sie u.a. Änderungen der Geschäftsführeranstellungsverträge beschlossen. So wurde die Kündigungsfrist in beiden Anstellungsverträgen der Gesellschafter-Geschäftsführer R. und J. ab dem 1. Januar 1996 auf zwölf Monate zum Jahresende festgelegt. Des Weiteren wurde beschlossen, dass im Falle des fristlosen Ausscheidens eines Geschäftsführers aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag der ausscheidende Geschäftsführer Anspruch auf eine Abfindung von bis zu maximal des 1,5-fachen Betrages seines letzten Gehaltes des letzten Wirtschaftsjahres haben sollte.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 27. Juni 1996 verkaufte der Gesellschafter J. seinen Anteil an der Klägerin im Nominalwert von 25.000 DM nebst dem Gewinnbezugsrecht für 1995 und 1996 zu einem Kaufpreis von 25.000 DM mit Wirkung zum 30. Juni 1996 an den Mitgesellschafter R.. Unter II. des Vertrages ist weiterhin geregelt, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer J. ohne Rücksicht auf die Kündigungsfristen des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit Wirkung zum 30. Juni 1996 „aus dem Geschäftsführervertrag” ausschied und hierfür von der Klägerin einer Abfindung in Höhe von 265.000 DM, zahlbar in acht unterschiedlich hohen Raten bis zum 1. Februar 1997, erhalten sollte.

In einer Gesellschafterversammlung am 28. Juni 1996 beschlossen die Gesellschafter, abweichend von den Regelungen des notariellen Vertrages, die Abfindung an den ausscheidenden Geschäftsführer J. bereits vollständig im Kalenderjahr 1996 auszuzahlen.

Die Klägerin behandelte die Abfindungszahlung in Höhe von 265.000 DM in ...

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