Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustabzug beim Wechsel der Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft. wirtschaftlichen Identität der Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach dem Regelbeispiel in § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG fehlt einer Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Identität, wenn bezogen auf das gezeichnete Kapital mehr als die Hälfte der Geschäftsanteile übertragen wird, überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt und der Geschäftsbetrieb mit diesem neuen Betriebsvermögen fortgeführt oder wieder aufgenommen wird.

2. Auch nach der Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft verliert die Gesellschaft nicht ihre wirtschaftliche Identität i.S. von § 8 Abs. 4 S. 2 KStG 1999, wenn sich anschließend im Bereich des Anlagevermögens das Sachanlagevermögen verringert und lediglich der Anspruch aus der Rückdeckungsversicherung, die aufgrund einer Pensionszusage abgeschlossen worden war, erhöht hat, wenn das Umlaufvermögen nur infolge der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Gesellschaft angestiegen und wenn die Kapitalgesellschaft weiter in derselben Branche wie vor der Anteilsübertragung tätig ist.

3. Von einer Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG ist dann auszugehen, wenn der Gesellschaft von dritter Seite Anlagevermögen zugeführt wird. Das trifft im Streitfall nicht zu.

 

Normenkette

KStG 1999 § 8 Abs. 4 Sätze 1-2; EStG § 10d; GewStG § 10a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.07.2009; Aktenzeichen I R 101/08)

BFH (Urteil vom 01.07.2009; Aktenzeichen I R 101/08)

 

Tenor

Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2001 und über die Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2001, beide vom 18. Dezember 2002, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2005, werden dahingehend geändert, dass der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer DM 93 275 und der vortragsfähige Gewerbeverlust DM 157 992 betragen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von zum 31. Dezember 2000 bestehen den Verlustvorträgen.

Das Stammkapital der Klägerin betrug seit 1996 DM 50 000 und wurde von den Herren C (DM 26 000), D (DM 12 000), E (DM 6 000) und F (DM 6 000) gehalten. Mit Vertrag von 29. Juni 2000 wurden hiervon 90 % an Herrn B veräußert; lediglich Herr C blieb mit DM 5 000 an der Klägerin beteiligt.

Im Jahr 2001 gewährte C der Klägerin ein Darlehen über rund DM 35 000.

In den Bilanzen der Klägerin wurden folgende Positionen ausgewiesen:

1999

2000

2001

Aktiva

Software

1

1

1

Sachanlagen

12 106

977

13

Rückdeckung Lebensversicherung

107 862

132 521

158 306

unfertige Leistungen

0

0

132 000

Forderungen

19 568

2 704

40 704

Kassenbestand

21 299

14 641

6 862

Rechnungsabgrenzungsposten

2 501

1 131

304

nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag

5 488

40 885

31 120

Summe Aktiva

168 825

192 860

369 310

Passiva

gezeichnetes Kapital

50 000

50 000

50 000

Gewinn-/Verlustvortrag

2 543

./. 55 488

./. 90 884

Jahresfehlbetrag/-überschuss

./. 58 031

./. 35 396

9 765

Kapitalfehlbetrag

5 488

40 885

31 120

Sonderposten

1 836

494

0

Pensionsrückstellungen

142 769

170 762

201 216

sonstige Rückstellungen

4 700

4 450

8 738

erhaltene Anzahlungen

0

0

49 000

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

400

658

58 843

partiarisches Darlehen

0

0

35 511

sonstige Verbindlichkeiten

19 120

16 495

16 001

Summe Passiva

168 825

192 860

369 310

Der Beklagte ging davon aus, dass die Klägerin im Laufe des Jahres 2001 ihre wirtschaftliche Identität verloren hatte und setzte mit Bescheiden vom 18. Dezember 2002 die vortragsfähigen Verluste zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer mit DM 0 fest. Dagegen – sowie gegen weitere, im Klageverfahren nicht mehr angefochtene Bescheide – legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2005 zurückwies.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nicht erfüllt seien. Es fehle an der Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens. Die Klägerin macht geltend, dass die Erhöhung ihres Aktivvermögens im wesentlichen auf einer Erhöhung des Umlaufvermögens sowie auf der Erhöhung des Anspruchs aus der Rückdeckungsversicherung beruhe. Als wesentlich neues Betriebsvermögen kommt nach Ansicht der Klägerin jedoch nur Anlagevermögen in Betracht; zudem habe die Erhöhung des Anspruches aus der Rückdeckungsversicherung außer Betracht zu bleiben, da sie im Zusammenhang mit der ...

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