rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verlust der wirtschaftlichen Identität einer Kapitalgesellschaft bei Wechsel der Anteilseigner ohne Branchenwechsel und bei anschließender Zuführung von Geld durch Gewährung von Gesellschafterdarlehen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einer Zuführung „überwiegend neuen Betriebsvermögens” i.S.d. § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG ist grundsätzlich auszugehen, wenn das zugegangene Aktivvermögen den Bestand des vorher vorhandenen Restaktivvermögens übersteigt. Dies ist anhand einer gegenständlichen Betrachtungsweise zu ermitteln; eine Verrechnung von Zu- und Abgängen zu einem betragsmäßigen Saldo ist nicht vorzunehmen (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).

2. Nach der Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft verliert die Gesellschaft nicht ihre wirtschaftliche Identität i.S. von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG 1999, wenn die Kapitalgesellschaft weiter in derselben Branche wie vor der Anteilsübertragung tätig ist und zur Fortführung des bestehenden Geschäftsbetriebs Geld in Form von Gesellschafterdarlehen zugeführt wird.

 

Normenkette

KStG 1999 § 8 Abs. 4 Sätze 1-2; GewStG § 10a

 

Tenor

Die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2004 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004, beide vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …, werden dahingehend geändert, dass der verbleibende Verlustabzug bzw. der vortragsfähige Gewerbeverlust jeweils auf EUR 53 139 festgesetzt wird.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Abzugsfähigkeit von zum 31. Dezember 2003 festgestellten sowie im Jahre 2004 erwirtschafteten Verlusten der Klägerin.

Die Klägerin wurde 2001 als XYZ GmbH gegründet. Gesellschafter waren zunächst mit je 50 % D und E. Im August 2003 trat D seinen Anteil an E ab; im September 2003 veräußerte dieser beide Geschäftsanteile an Herrn F. Gegenstand des Unternehmens war vor wie nach der Anteilsveräußerung die Vermittlung medizinischer Betreuung im Notfall an privat versicherte oder selbst zahlende Patienten. Die Klägerin hatte in diesem Bereich ein neuartiges Dienstleistungskonzept einschließlich besonderer Softwaretools entwickelt. „XYZ” ist seit Dezember 2005 als Wortmarke markenrechtlich geschützt. Im Dezember 2005 veräußerte die Klägerin das Geschäftskonzept einschließlich der Softwaretools und der Marke; im Februar 2006 wurde die Firma der Klägerin in A GmbH geändert.

Die Klägerin verfügte zum 31. Dezember 2003 über Anlagevermögen in Höhe von EUR 399,00 und Umlaufvermögen in Höhe von EUR 2 324,56, davon Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von EUR 1 634,00. Zum 31. Dezember 2004 bilanzierte sie Anlagevermögen in Höhe von EUR 297,00 und Umlaufvermögen in Höhe von EUR 1 557,22, davon Guthaben bei Kreditinstituten in Höhe von EUR 1 377,22. Im Jahr 2004 wies sie einen Jahresfehlbetrag in Höhe von EUR 7 100,01 aus. Die Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern erhöhten sich im Jahre 2004 um über EUR 5 000.

Der Beklagte stellte dem gesamten Aktivvermögen der Klägerin zum 31. Dezember 2004 in Höhe von EUR 1 854,22 das Aktivvermögen zum 31. Dezember 2003 in Höhe von EUR 2 723,56 zuzüglich des Jahresfehlbetrages des Jahres 2004 in Höhe von EUR 7 100,01 gegenüber und ermittelte so eine Zuführung neuen Betriebsvermögens in Höhe von EUR 6 230,67. Er ging danach davon aus, dass die Klägerin zum 31. Dezember 2004 ihre wirtschaftliche Identität i.S.d. § 8 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) verloren habe und versagte demzufolge die Berücksichtigung des zum 31. Dezember 2003 festgestellten Verlustvortrages sowie des im Jahre 2004 erwirtschafteten Verlustes der Klägerin.

Der Einspruch der Klägerin dagegen hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 05. September 2003).

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Jahresfehlbetrag nicht als Zuführung neuen Betriebsvermögens i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG angesehen werden könne. Sie weist zudem darauf hin, dass sie bereits vor dem 31. Dezember 2003 über immaterielles nicht bilanziertes Vermögen in Höhe von rund EUR 45 000 in Form des später veräußerten Geschäftskonzeptes verfügt habe, so dass von einer maßgeblichen Erhöhung ihres Betriebsvermögens im Laufe des Jahres 2004 auch aus diesem Grund nicht auszugehen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2004 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen G...

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