Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der angemessenen Miete im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung anhand des Mietspiegels

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung sind auf die „notwendigen Mehraufwendungen” beschränkt. Das Merkmal „notwendig” orientiert sich am Normzweck der Berücksichtigung zusätzlichen Wohnbedarfs am Beschäftigungsort. Notwendige Kosten der Unterkunft sind danach Kosten für eine 60 qm große Wohnung bei Ansatz eines ortsüblichen Durchschnittsmietzinses.

2. Als Unterkunftskosten am Beschäftigungsort sind grundsätzlich die tatsächlich angefallenen und nachgewiesenen Aufwendungen als Erwerbsaufwand anzusetzen. Die Ermittlung fiktiver (Miet-)Kosten anhand des Mietspiegels ist allerdings dann geboten, wenn die tatsächlichen Kosten so hoch sind, dass es sich beim Gesamtbetrag nach objektiven Maßstäben nicht mehr um notwendige Mehraufwendungen für die Unterkunft i. S. v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG handelt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1, § 12 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.07.2017; Aktenzeichen VI R 42/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die aus Rumänien stammende Klägerin ist kanadische, der Kläger rumänischer Staatsangehöriger. Die Klägerin ist in leitender Position bei der Firma X. GmbH tätig und nach Abschluss ihrer Entsendung nach Kanada seit dem 01.01.2003 in Berlin beschäftigt. Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind mit Hauptwohnsitz in Berlin gemeldet und lebten bis zum 11.05.2008 in einer 112 m² großen Mietwohnung, seither in einer 84 m² großen Eigentumswohnung. Daneben verfügen sie über einen Wohnsitz in Bukarest. In den Streitjahren erklärten sie unter anderem Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung mit der Begründung, ihr Hauptwohnsitz befinde sich in Bukarest. Im Streitjahr 2010 machten sie darüber hinaus Unterhaltszahlungen an ihren im Jahr 1979 geborenen Sohn und an die Mutter des Klägers geltend. Der Beklagte erkannte die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung unter Hinweis auf die Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 31.05.2012 (5 K 5207/09) teilweise, die Unterhaltszahlungen insgesamt nicht an. Auf die Einspruchsentscheidungen vom 01.10.2012 (Einkommensteuer 2008 und 2009) und 19.11.2012 (Einkommensteuer 2010) wird Bezug genommen.

Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger im Wesentlichen folgendes geltend: Im Rahmen der doppelten Haushaltsführung seien die Heimflüge des Klägers (2.862,16 EUR in 2008, 59,98 EUR in 2009, 1.733 EUR in 2010) von Bukarest nach Berlin zu berücksichtigen. Die Klägerin habe aus beruflichen Gründen schlichtweg keine Zeit gehabt, ihren Ehemann zu den Heimfahrten an den Hauptwohnsitz nach Rumänien zu begleiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) könnten aber die Kosten für eine Besuchsreise wie Kosten für eine Familienheimfahrt berücksichtigt werden, wenn die Besuchsreise an die Stelle einer Familienheimfahrt getreten sei. Dies sei hier der Fall. Die Heimflüge seien auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG zu berücksichtigen.

Die Wohnkosten beliefen sich auf 18.051,37 EUR in 2008, 8.637,26 EUR in 2009 und 10.833,16 EUR in 2010. Dabei seien die Kosten auf eine Wohnfläche von 60 m² heruntergerechnet worden. Unter Zugrundelegung der Mietspiegel 2007 und 2009 sei eine Miete von mindestens 8,15 EUR pro Quadratmeter anzusetzen, wobei ein Zuschlag von 0,70 EUR pro Quadratmeter für die Hochwertigkeit der Wohnung zu berücksichtigen sei. Angesichts der sehr guten Wohnlage des Objekts seien jedoch die tatsächlichen Kosten unter Einschluss der Darlehenskosten und der Abschreibungen anzusetzen. In den erklärten Gesamtaufwendungen seien auch die zu berücksichtigenden geschätzten Betriebskosten von 2.848,60 EUR in 2008, 2.154,29 EUR in 2009 und 3.059,09 EUR in 2010 enthalten.

Für das Streitjahr 2010 seien zudem Unterhaltskosten für die Mutter des Klägers in Höhe von 1.064 EUR sowie für den gemeinsamen Sohn der Kläger i.H.v. 9.000 EUR zu berücksichtigen. Die Unterstützungsbedürftigkeit des Sohnes ergebe sich aus dessen Arbeitslosigkeit im Jahr 2010.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung der Bescheide vom 02.02.2012 (2008) und 26.03.2012 (2009 und 2010) und Aufhebung der Einspruchsentscheidungen vom 01.10.2012 (2008 und 2009) und 19.11.2012 (2010) die Einkommensteuer unter Berücksichtigung weiterer Kosten für doppelte Haushaltsführung in 2008 von 14.837,77 EUR, in 2009 von 2.386,48 EUR und in 2010 von 6.605,40 EUR sowie unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltsaufwendungen in 2010 von 9.737 EUR neu festzusetzen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, hinsichtlich der für den Kläger geltend gemachten Reisekosten werde die nun erstmals vorgetragene Begründung, der Kläger sei zum doppelten Haushalt der Ehefrau gereist, nicht näher erläutert und nachgewiesen. Im Übrigen seien auch ...

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