Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Anspruch auf weitere Fristverlängerung über die für Steuerberater ohnehin bis zum 31. Dezember des Folgejahres bewilligte Fristverlängerung zur Abgabe von Jahressteuererklärungen hinaus aufgrund eines für 80 Mandanten gestellten und pauschal mit „Urlaub, Schwangerschaft und längerer Krankheit von Mitarbeitern” begründeten Sammelfristverlägerungsantrags eines Steuerberaters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Richtlinien der Finanzverwaltung für die Entscheidung über Fristverlängerungsanträge betreffend die Abgabe von Jahressteuererklärungen, wonach die Abgabefrist für Steuererklärungen, die durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe angefertigt werden, grundsätzlich bis zum 31. Dezember des Folgejahres verlängert wird und wonach aufgrund begründeter Einzelanträge die Frist bis zum 28. Februar des übernächsten Jahres verlängert werden kann, schaffen einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Steuerpflichtigen, steuerberatenden Berufen und sind daher nicht ermessenfehlerhaft.

2. Fordert das FA den Steuerpflichtigen unter Hinweis auf eine zu erwartende – und später tatsächlich eingetretene Abschlusszahlung – bereits im März zu einer Erklärungsabgabe bis zum 15. September des Folgejahres auf, ist das durchaus ermessensgerecht. Ein vom mit der Erstellung der Steuererklärung beauftragten Steuerberater erst im Januar des nächsten Jahres für 80 Mandanten gestellter Sammelfristverlängerungsantrag wegen” Urlaubs, Schwangerschaft und längerer Krankheit von Mitarbeitern”, sowie der allgemeine Hinweis des Steuerberaters, ohne jede zeitliche und zahlenmäßige Spezifizierung, er habe trotz zahlreicher Annoncen erst im Januar des übernächsten Jahres eine Steuerfachangestellte einstellen können, führen nicht dazu, dass für das FA nur die Entscheidung ermessensgerecht gewesen wäre, dem im Januar des übernächsten Jahres gestellten Antrag auf Fristverlängerung bis Ende Februar zu entsprechen. Das gilt insbesondere, wenn der Berater mit gleicher Begründung schon für mehrere Veranlagungsjahre Sammelfristverlängerungsanträge gestellt hat.

3. Im Falle vorhersehbarer längerer Personalengpässe, wie z. B. infolge von Schwangerschaften von Mitarbeiterinnen, ist der steuerliche Bevollmächtigte des Steuerpflichtigen zwecks Vermeidung des Vorwurfs eines Organisationsverschuldens gehalten, sich frühzeitig um geeignetes Vertretungspersonal zu kümmern. Die ganz allgemein gehaltene, durch keinerlei Unterlagen belegte Erklärung des Steuerberaters, trotz mehrfacher Annoncen erst im Januar des übernächsten Jahres eine (neue) Steuerfachangestellte eingestellt haben zu können, genügt in diesem Zusammenhang nicht, um glaubhaft zu machen, dass er sich rechtzeitig sowie mit der nötigen Sorgfalt und dem erforderlichen Nachdruck um einen sachgerechten Ausgleich zu erwartender Arbeitsengpässe bemüht hat. Ggf. hätte sich der Bevollmächtigte dazu durchringen müssen, bei Erkennen eines von ihm nicht zu bewältigenden Arbeitsanfalls keine neuen Mandate mehr anzunehmen bzw. einen Teil der schon übernommenen Mandate zurückzugeben.

 

Normenkette

AO § 109 Abs. 1 S. 1, § 149 Abs. 2 S. 1, § 5; FGO § 102

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.05.2016; Aktenzeichen III B 105/15)

BFH (Beschluss vom 11.05.2016; Aktenzeichen III B 105/15)

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die mindestens seit dem Jahr 2002 vom Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden (StNr.: …). Der Kläger erzielte als Facharzt für Allgemeinmedizin Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 des EinkommensteuergesetzesEStG –) in Höhe von mehr als 200 000,00 EUR. Die Klägerin erzielte als Einzelunternehmerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG). Mit der Erstellung der Steuererklärungen betr. Einkommen- und Umsatzsteuer hatten die Kläger Herrn Steuerberater B… beauftragt.

Der genannte Steuerberater beschäftigte in seiner Kanzlei fünf Mitarbeiter. Eine der Mitarbeiterinnen stand ihm wegen Mutterschutzes und Elternzeit von Mai 2009 bis einschließlich Juni 2010 nicht zur Verfügung. Eine weitere Mitarbeiterin beanspruchte ab Dezember 2009 Mutterschutz und Elternzeit. Sie kehrte am 18. Januar 2011 an ihren Arbeitsplatz zurück. Die dritte Mitarbeiterin erhielt im Oktober 2010 eine schwangerschaftsbedingte Krankschreibung und im Anschluss ab Dezember 2010 ein risikoschwangerschaftsbedingtes Arbeitsverbot.

Für das Jahr 2008 beantragte der von den Klägern für die Erstellung der Steuererklärungen bevollmächtigte Steuerberater mit Schreiben vom 29. Dezember 2009 – eingegangen beim Beklagten am 30. Dezember 2009 – zur Steuernummer … für die Kläger Fristverlängerung bis zum 28. Februar 2010 wegen „Urlaubs, Schwangerschaft und längerer Krankheit von Mitarbeitern”. Der Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht. Am 28. Mai 2010 gingen die Jahressteuererklärungen 2008 beim Beklagten ein.

Mit an die Kläger persönlich gerichtetem und diesen unmittelbar zugesandtem Schreiben vom 3. Mä...

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