rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrere Betriebsstandorte eines Einzelunternehmers als einheitlicher Gewerbebetrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Betreibt eine natürliche Person an unterschiedlichen Standorten in mehreren Gemeinden Einzelhandelsgeschäfte, in denen insbesondere Wurstwaren in den meisten Verkaufsstellen auch Fleischwaren und zudem je nach örtlichen Gegebenheiten Backwaren, Zeitungen usw. verkauft werden, liegt bei Erledigung der wesentlichen Verwaltungsaufgaben – hier: Abwicklung der Buchführung sowie sämtlicher Geschäftsvorfälle – zentralisiert an einem Standort auch dann ein einheitlicher Gewerbebetrieb vor, wenn Unterschiede im Warensortiment und im Kundenkreis bestehen, kein Austausch von Personal oder Maschinen erfolgt sowie die Bankkonten, Kassenbuchführungen und Gewinn- und Verlustrechnungen getrennt geführt werden (hier: Verwendung eines einheitlichen – nicht zum Betriebsvermögen – gehörenden Logos, Ermittlung der Boni der Lieferanten bezogen auf die Gesamtumsätze aller Verkaufsstellen).

2. Für die Selbständigkeit von mehreren Gewerbebetrieben einer natürlichen Person gelten andere Regeln als bei Personen- und Kapitalgesellschaften. Bei einer natürlichen Person führt die Konzentration der wesentlichen Verwaltungsaufgaben in einem Betrieb ebenso wie die Bildung einer vertikalen Konzernstruktur grundsätzlich zu einer wirtschaftlichen Verflechtung.

 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1, § 11

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.04.2011; Aktenzeichen III B 62/10)

BFH (Beschluss vom 27.04.2011; Aktenzeichen III B 62/10)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die betrieblichen Standorte des Klägers in E und S jeweils selbständige Gewerbebetriebe darstellen oder zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb mit Sitz in Z gehören.

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 1999 und 2000 an den Standorten E, S, Z, L, T, L, F, E und W mehrere Einzelhandelsgeschäfte, in denen er insbesondere Wurst- und Fleischwaren verkaufte (mit Ausnahme der Standorte L und F, an denen es nur einen Verkauf von Wurstwaren, aber keinen Verkauf von Fleischwaren gab). Darüber hinaus verkaufte der Kläger in seinen Verkaufsstellen auch andere Spezialitäten sowie teilweise Zeitschriften und Backwaren. In einigen Verkaufsstellen gab es außerdem einen Imbiss. Der Standort Z betrieb zusätzlich einen Großhandel mit Gurken und der Standort E einen Großhandel mit Schmalz. Diese beiden Standorte belieferten sowohl fremde Unternehmen als auch die übrigen Verkaufsstellen des Klägers mit Gurken bzw. Schmalz.

Die Verwaltung der Geschäfte erfolgte zentral vom Standort Z aus, an dem es kein eigenes Geschäftslokal gab, sondern nur Büroräume und ein Lager. Darüber hinaus versorgte der Standort Z die Verkaufsstellen – zumindest teilweise – mit Betriebsbedarfsartikeln und Waren (z. B. Schweinekamm, Spirituosen und Konserven). Nach den Verwaltungsverträgen vom 30. Dezember 1998 führte der Standort Z gegenüber den Verkaufsstellen folgende Leistungen aus: Buchführung, Kontenführung, Erledigung aller Geschäftsvorfälle, Lohnbuchhaltung und teilweise Gründungsberatung. Frau X, die Ehefrau des Klägers, gewährte dem Standort Z mit Darlehensverträgen vom 28. Januar 1999 bzw. 20. April 1999 zur Stärkung der Betriebsmittel Kredite in Höhe von DM 20.000 und DM 50.000.

Auf den Werbetafeln aller Standorte erschien das einheitliche Logo „ABC Fa. X”. Inhaber dieser Marke war der Kläger, der die Marke unentgeltlich der … X/X GbR – XXX – zur Verfügung stellte. An der XXX waren der Kläger und dessen Ehefrau zu jeweils 50 von Hundert. Die XXX rechnete gegenüber den einzelnen Verkaufsstellen für die Nutzung der Marke eine Gebühr ab. Der Standort Z musste dagegen auf Grundlage eines Angebots vom 14. Juni 1999 zum Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrages über die Marke zunächst keine Nutzungsgebühren zahlen. Alle Verkaufsstellen wurden direkt von denselben drei Hauptlieferanten beliefert.

Der Kläger behandelte jeden Standort als einen selbständigen Gewerbebetrieb und gab dem entsprechend für E und S jeweils eigenständige Gewerbesteuererklärungen ab. Mit Bescheiden vom 30. Juli 2002 setzte der Beklagte für E Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von 0 DM (1999) bzw. 20 DM (2000) fest. Für S setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 30. Juli 2002 Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von DM 494 (1999) bzw. DM 536 (2000) fest.

Im Jahr 2003 führte der Beklagte für die Standorte Z, E und S Betriebsprüfungen für die Jahre 1999 bis 2001 durch. Hinsichtlich der Ergebnisse wird auf die Berichte vom 9. Dezember 2003 (E), 10. Dezember 2003 (S) und 15. Dezember 2003 (Z) Bezug genommen. Der Betriebsprüfer stellte insbesondere fest, dass die Standorte E und S zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb mit insgesamt elf Standorten gehörten.

In Folge der Betriebsprüfung hob der Beklagte mit Bescheiden vom 15. Juni 2004 die für E und S ergangenen Gewerbesteuermessbescheide der Jahre 1999 und 2000 auf. Ebenfalls mit B...

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