Entscheidungsstichwort (Thema)

Tunnelbaustelle als regelmäßige Arbeitsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist die Tätigkeit an einer Tunnelbaustelle, welche die einzige betriebliche Einrichtung des Arbeitsgebers darstellt, entsprechend dem Tunnelvortrieb jeweils nur auf den zu erstellenden Tunnelteil begrenzt, liegt eine großräumige regelmäßige Arbeitsstätte vor und die Fahrtkosten des Arbeitnehmers zu dieser sind nur mit der Entfernungspauschale gem. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG als Werbungskosten bei den nichtselbständigen Einkünften abzugsfähig.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.03.2014; Aktenzeichen VI R 74/13)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Der Kläger schloss am 23. August 2006 mit der Arbeitsgemeinschaft B., die ihren Sitz (Baubüro) in C., D.-Straße hat, einen Arbeitsvertrag. Nach diesem Arbeitsvertrag sollte der Kläger befristet für die Zeit vom 14. August 2006 bis 30. Juni 2008 bei der B. beschäftigt werden. Als Dienstort wurde die Baustelle E. in C. vereinbart. Auf den Inhalt des Arbeitsvertrags wird im Übrigen Bezug genommen.

Nachdem das Arbeitsverhältnis in der Folgezeit bis zum 31. Dezember 2008 verlängert worden war, vereinbarten der Kläger und die B. im November 2008 die unbefristete Fortführung des Arbeitsverhältnisses über den 1. Januar 2009 hinaus bis zum Ende der Betonarbeiten des Bauvorhabens E..

In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2008 und 2009 machte der Kläger bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unter anderem für die Fahrten zwischen seiner Wohnung in F. und der Baustelle in C. Fahrtkosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit geltend, weil eine regelmäßige Arbeitsstätte nicht vorhanden sei. Dementsprechend machte er die tatsächlichen Fahrtkosten mit EUR 0,30 pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten geltend, und zwar für 48 Fahrten von F. nach C. (Entfernung = 200 km) und für 230 Fahrten von der Baustellenunterkunft in C. zur Baustelle (Entfernung = 18 km).

Der Beklagte folgte den Steuererklärungen insoweit nicht und berücksichtigte lediglich die Entfernungspauschale als Werbungskosten.

Zur Begründung seines Einspruchs trug der Kläger vor, er arbeite an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten. Insoweit mache es steuerlich keinen Unterschied, wenn er im Rahmen des Arbeitsvertrags projektbezogen tätig sei und nach Abschluss des Projekts und Beendigung des Arbeitsvertrags die Tätigkeitsstelle wechsele oder im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nach Abschluss der einzelnen Projekte die Tätigkeitsstätte wechsele. Zudem stelle eine Baustelle keine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – dar (Urteil vom 18. Dezember 2008 – VI R 39/07, Sammlung der amtlich veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFHE – 224, 111, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2009, 475).

Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Baustelle sei die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers. Dies ergebe sich bereits aus dem Arbeitsvertrag. Es komme daher auch nicht darauf an, ob die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit im Allgemeinen nur an wechselnden Tätigkeitsstätten ausgeübt werde, weil der Kläger nur an einer, nämlich der regelmäßigen Arbeitsstätte tätig geworden sei. Der Einsatzort des Klägers sei gleich geblieben.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger weiter vor, auch eine Großbaustelle stelle keine regelmäßige Arbeitsstätte dar. Er, der Kläger, könne sich nicht auf die notwendigen Fahrten zu der Baustelle einstellen; er müsse beweglich bleiben.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Einkommensteuer 2008 vom 20. August 2009, in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26. Februar 2010, und den Bescheid über Einkommensteuer 2009 vom 14. Juni 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2011 dahingehend zu ändern, dass bei den Veranlagungen weitere Werbungskosten in Höhe von jeweils EUR 3 501,– berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, der Kläger sei im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses nur an einer Baustelle tätig geworden. Diese Baustelle stelle die regelmäßige Arbeitsstätte dar. An dieser Einschätzung ändere auch der Umstand, dass sich der Ort der Tätigkeit durch den Tunnelvortrieb verändere, nichts. Denn regelmäßige Arbeitsstätte sei die gesamte Baustelle.

Der Senat hat mit Beschluss vom 18. April 2013 den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Steuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Der Beklagte hat die streitigen Fahrten zutreffend als Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte eingeordnet.

Entgegen der Auffassung des Klägers stellen seine Fahrten von F. bzw. von der Unterkunft in C. Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte dar und sind danach nur einge...

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