rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anderweitig bestehende Unternehmereigenschaft umfasst auch gelegentlich ausgeübte Handelstätigkeit. Nachweis der Voraussetzungen für die Differenzbesteuerung bei Erwerb von einem Unternehmer. kein Vertrauensschutz in deren Vorliegen bei ersichtlich beabsichtigter Umsatzsteuerhinterziehung des Lieferanten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine natürliche Person, die bereits aufgrund einer anderweitig ausgeübten Tätigkeit als Unternehmer im S. d. § 2 Abs. 1 UStG gilt, ist auch insoweit als Unternehmer tätig, als sie weitere, gelegentlich ausgeübte wirtschaftliche Tätigkeiten i. S. d. Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie ausübt. Zu diesen wirtschaftlichen Tätigkeiten gehören u. a. die Tätigkeiten als Händler, insbesondere die Nutzung von körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.

2. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige den Verkaufsgegenstand mit seinen privaten Mitteln erworben hat, steht der Annahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit bzw. der Unternehmereigenschaft nicht entgegen.

3. Für die Anwendung der Differenzbesteuerung auf die Weiterveräußerung von Gegenständen, die der Wiederverkäufer von einem Unternehmer erworben hat, ist abweichend vom Wortlaut des § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b UStG nicht darauf abzustellen, ob der Vorlieferant im Rahmen seiner Umsatzsteuerveranlagung die Differenzbesteuerung angewendet hat, sondern darauf, ob bei objektiver Betrachtung die Lieferung des Vorlieferanten an den Wiederverkäufer dem Anwendungsbereich des § 25a UStG unterfiel.

4. Es ist Sache des Steuerpflichtigen, der die Anwendung der Differenzbesteuerung begehrt, die diesbezüglich anspruchsbegründenden Tatsachen, u. a. die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 UStG, darzulegen und nachzuweisen.

5. Vertrauensschutz hinsichtlich der Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 UStG kann dem Steuerpflichtigen nicht gewährt werden, wenn er nach dem Gesamtumständen davon ausgehen musste, dass es die Person, von der er Waren zum Wiederverkauf erworben hatte, auf eine Umsatzsteuerhinterziehung angelegt hat.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1, § 25a Abs. 1 Nr. 2 S. 2 Buchst. b; EGRL 112/2006 Art. 9 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 81 % und dem Beklagten zu 19 % auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der dem Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Aufwendungen abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger hinsichtlich der von ihm erklärten Umsätze aus Differenzbesteuerung gemäß § 25a UmsatzsteuergesetzUStG – die dafür erforderlichen Voraussetzungen nachgewiesen hat, insbesondere, ob sein angeblicher Lieferant für die Lieferungen i.S. des § 25a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG Umsatzsteuer nicht geschuldet oder die Differenzbesteuerung vorgenommen hat.

Der Kläger handelte in den Streitjahren u.a. mit wertvollen Weinen. Nach Nettoumsätzen in Höhe von ca. 75.000,– EUR in 2009 erzielte der Kläger daraus in den beiden Folgejahren Umsätze von ca. 1 Mio. EUR.

Für einen Teil der in 2009 erworbenen Weine verfügt der Kläger nicht über Eingangsrechnungen, sondern lediglich über Quittungen, aus denen ein Aussteller nicht erkennbar ist. Dies betrifft Weineinkäufe mit einem Bruttobetrag von 69.825,– EUR. Diese Weine veräußerte der Kläger weiter und unterwarf den Veräußerungserlös nur insoweit der Umsatzsteuer, als er den Betrag von 69.825,– EUR überstieg. In 2010 buchte der Kläger Weinverkäufe im Inland über 352,– EUR brutto unter „Umsatzsteuer 0 %”, offenbar, weil er davon ausging, insoweit keine Handelsspanne erzielt zu haben, die Umsatzsteuer auslösen würde.

Am 19.07.2010 reichte der Kläger seine Umsatzsteuererklärung 2009 beim Beklagten ein, in der er u.a. Umsätze in Höhe von 104.246,– EUR zum Steuersatz von 0% erklärte. Auf telefonische Nachfrage des Beklagten teilte der Kläger mit, dass es sich insoweit um steuerfreie Umsätze handele. Daraufhin setzte der Beklagte am 23.08.2010 die Umsatzsteuer erklärungsgemäß und endgültig auf 644,86 EUR fest.

Am 22.07.2011 reichte der Kläger seine Umsatzsteuererklärung 2010 beim Beklagten ein, der dieser am 09.08.2011 zustimmte.

Vom 23.08.2011 bis 11.05.2012 führte das Finanzamt B… im Auftrag des Beklagten beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Streitjahre durch. Der Prüfer traf eine Vielzahl von Feststellungen, u.a., dass die Voraussetzungen für eine Differenzbesteuerung nach § 25a UStG in den Streitjahren nicht gegeben gewesen seien. Aus diesen Feststellungen ergaben sich Erhöhungen der Umsätze zum Regelsteuersatz von 58.676,47 EUR in 2009 und 259,80 EUR (wohl Zahlendreher, denn 295,80 EUR entsprechen dem Nettobetrag aus 352,– EUR) in 2010 (Tz 13 e und h des Prüfungsberichts). Der Prüfer hielt auch in seinem Ergänzungsbericht vom 09.07.2012 an den vorgenannten Feststellu...

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