Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer gegen einen Nullbescheid zur Berücksichtigung höherer Verluste erhobenen Klage. Entscheidung über die Höhe von Verlusten im Fall von Nullbescheiden nur im Verlustfeststellungsverfahren (Abweichung von BFH-Rechtsprechung). - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 18/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind infolge negativer Einkünfte die Körperschaftsteuer bzw. der Gewerbemessbetrag auf 0 EUR festgesetzt worden und will die Steuerpflichtige die Berücksichtigung noch höherer Verluste erreichen, so ist über die Höhe des Verlustes im Falle einer Nullfestsetzung wegen der Regelung in § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG bzw. § 35b Abs. 2 Satz 3 GewStG ausschließlich im Rahmen eines gegen die Verlustfeststellungsbescheide gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens zu entscheiden.

2. Der Senat folgt damit nicht der Rechtsprechung, wonach auch bei einer Nullfestsetzung über die Höhe des Verlustes im Steuerfestsetzungsverfahren und nicht im Verlustfeststellungsverfahren zu entscheiden ist (gegen z. B. BFH, Urteil v. 30.6.2020, IX R 3/19, BStBl 2021 II S. 859 und BFH, Urteil v. 7.12.2016, I R 76/14, BStBl 2017 II S. 704; gegen FG Düsseldorf, Beschluss v. 16.2.2016, 10 K 3686/13 F; gegen FG Berlin-Brandenburg, Zwischengerichtsbescheid v. 28.4.2016, 3 K 3106/15; gegen Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil v. 26.3.2019, 4 K 187/18).

3. Sind die Verlustfeststellungsbescheide für das Streitjahr bereits in Bestandskraft erwachsen, fehlt es für die Durchführung eines zur Berücksichtigung höherer Verluste gegen die Nullfestsetzungen gerichteten Klageverfahren am Rechtsschutzinteresse; die Klage ist somit unzulässig.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 4 Sätze 4-5; KStG § 31 Abs. 1 S. 1; GewStG § 35b Abs. 2 Sätze 2-3; FGO § 40 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Unternehmensgegenstand der Klägerin ist das Bauen von Häusern. Gesellschafter der Klägerin sind jeweils zu 50 % Herr B… und Herr C…. Herr B… ist zugleich Geschäftsführer. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin seit 2011 eine Rückstellung geführt und diese unverändert auf die Jahre 2012 und 2013 vorgetragen habe. Die Darlehenssalden beliefen sich auf 0 Euro. Der Nachweis eines Rückstellungsbedarfes oder einer Verbindlichkeit war nach den Ausführungen im Betriebsprüfungsbericht nicht erbracht worden. Die Rückstellung war daher nach Auffassung der Betriebsprüfung im Jahr 2012 gewinnerhöhend aufzulösen.

Der Beklagte erließ am 23. Januar und 25. Januar 2017 geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag und setzte die Körperschaftsteuer 2012 und den Gewerbesteuermessbetrag 2012 auf 0 Euro fest. Er erließ ferner geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2012 und zur Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2012 und stellte in beiden Bescheiden den Verlust auf 32.595 EUR fest.

Die Klägerin legte gegen die „Steuerbescheide zur Körperschaftsteuer 2011 bis 2014” sowie gegen die „Gewerbesteuermessbescheide 2011 bis 2014 Einspruch ein” und machte unter anderem geltend, die Rückstellungen seien beizubehalten, da es sich um Zinsen bereits getilgter Darlehen handele, die bislang nicht ausgezahlt worden seien.

Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2019, die sich nach dem Rubrum – soweit für das vorliegende Verfahren relevant – auf die Körperschaftsteuer 2012 und Gewerbesteuermessbetrag 2012 bezieht, als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren wendet sich die Klägerin gegen die gewinnerhöhende Auflösung der Rückstellung. Der Senat hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2020 das Verfahren ausgesetzt bis zum Abschluss des gegen die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31.12.2012 und zur Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2012 gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens ausgesetzt und vertrat die Auffassung, über die Höhe des festzustellenden Verlustes könne wegen der Regelung in § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG i.V.m. § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG bzw. § 35b Abs. 2 Satz 3 GewStG nur im Rahmen eines gegen die Verlustfeststellungsbescheide gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens entschieden werden. Der Beklagte hat die Einsprüche gegen die Verlustfeststellungsbescheide mit Einspruchsentscheidung vom 26.01.2021 als unbegründet zurückgewiesen. Die Bescheide sind in Bestandskraft erwachsen.

Die Klägerin macht geltend, in den Vorprüfungen sei die Passivierung der Darlehen nie infrage gestellt worden. Da die Kapitalgesellschaft keine Privatsphäre habe, sei die betriebliche Veranlassung des Darlehens nicht infrage zu stellen, so dass selbstverständlich auch anfallende Schuldzinsen Betriebsausgaben seien und im Falle nicht erfolgter Zahlung zurückzustellen seien. Es sei darauf hinzuweisen...

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