Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Differenzbesteuerung bei Ankauf von häufig nicht mehr fahrtüchtigen Altfahrzeugen von Privatpersonen, Zerlegung dieser Fahrzeuge in Einzelteile und Verkauf dieser Einzelteile

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG setzt bei unionsrechtskonformer Auslegung die Identität des erworbenen und des veräußerten Gegenstands voraus. Hieran fehlt es, wenn der Unternehmer Gebrauchtfahrzeuge, die in einer Vielzahl von Fällen nicht mehr fahrtüchtig sind, von Privatpersonen im ganzen Bundesgebiet ankauft, in ihre Einzelteile zerlegt und anschließend diese Einzelteile insbesondere über eine Auktionsplattform per Versand verkauft (Anschluss an FG Münster v. 27.4.1999, 15 K 7988/98 U; Abschn. 25a.1 Abs. 4 S. 5 UStE).

 

Normenkette

UStG § 25a Abs. 1 Nr. 1 S. 2, Nr. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1; MwStSystRL Art. 313 Abs. 1, Art. 311 Abs. 1 Nr. 1, Art. 315 Abs. 2; UStAE Abschn. 25a.1 Abs. 4 S. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2017; Aktenzeichen V R 37/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Veräußerung von gebrauchten Fahrzeugteilen, die der Kläger zuvor aus von Privatpersonen erworbenen Altfahrzeugen ausgebaut hatte, der Differenzbesteuerung nach § 25a UmsatzsteuergesetzUStG – unterliegt.

Der Kläger meldete erstmals zum 01.07.2006 gewerberechtlich u.a. den An- und Verkauf von Autos, Motorrädern und Ersatzteilen (Neu- und Gebrauchtwaren) an. Seine Umsätze ermittelte er mit Genehmigung des Beklagten nach vereinnahmten Entgelten. Seine Gewinne ermittelte er durch Einnahme-Überschuss-Rechnung.

In den Streitjahren erzielte er Umsätze insbesondere dadurch, dass er Gebrauchtfahrzeuge, die in einer Vielzahl von Fällen nicht mehr fahrtüchtig waren, von Privatpersonen im ganzen Bundesgebiet ankaufte, in ihre Einzelteile zerlegte und diese Einzelteile insbesondere über die Auktionsplattform B. per Versand verkaufte. Dieses Verfahren praktizierte er insbesondere mit Motorrädern der Marke C..

Am 14.06.2010 reichte der Kläger seine Umsatzsteuererklärung 2009 ein, in der er u.a. nicht steuerbare Umsätze in Höhe von 45.832,– EUR erklärte, wobei es sich um die Einkaufspreise für die Gebrauchtwaren handelte, die der Kläger bei der Ermittlung von Umsätzen nach § 25a UStG abgezogen hatte. Die Umsatzsteuererklärung, die eine festzusetzende Umsatzsteuer (= Zahllast) von 6.182,55 EUR auswies, wirkte als Festsetzung.

Vom 28.02.2011 bis 11.04.2011 führte der Beklagte beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung für das Streitjahr 2009 durch. Die Prüferin gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger zu Unrecht solche Umsätze der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG unterworfen habe, die darauf beruhten, dass der Kläger Gebrauchtfahrzeuge erworben und sodann durch Zerlegen dieser Fahrzeuge gewonnene Einzelteile veräußert habe. Insoweit fehle es an der Identität der erworbenen und veräußerten Gegenstände, so dass die Umsätze mit den Fahrzeugeinzelteilen dem Regelbesteuerungsverfahren unterlägen. Die als nicht steuerbar erklärten Umsätze seien mit dem Nettobetrag (38.514,29 EUR) der Umsatzsteuer (7.317,71 EUR) zu unterwerfen.

Dem folgend erließ der Beklagte am 27.05.2011 einen nach § 164 Abs. 2 AbgabenordnungAO – geänderten Umsatzsteuerbescheid 2009, mit dem die Umsatzsteuer auf 13.500,21 EUR (Nachzahlung: 7.317,66 EUR) festgesetzt wurde. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 30.06.2011 Einspruch ein.

Seine Umsatzsteuererklärung 2010 reichte der Kläger am 28.02.2012 unter Zugrundelegung der Auffassung der Umsatzsteuersonderprüferin ein, erklärte also Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen in Höhe von 124.072,– EUR, eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von 16.559,18 EUR und eine Abschlusszahlung in Höhe von 8.211,80 EUR. Gegen die auf diese Weise erfolgte Umsatzsteuerfestsetzung legte der Kläger am 28.02.2012 Einspruch ein und machte geltend, die Abschlusszahlung gehe ausschließlich auf die Nichtanwendung der Differenzbesteuerung zurück.

Im Streitjahr 2011 legte der Kläger die Auffassung der Umsatzsteuersonderprüferin bereits im Voranmeldungsverfahren zugrunde. Mit seiner am 31.08.2012 beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuererklärung 2011 erklärte er Umsätze aus Lieferungen und sonstigen Leistungen in Höhe von 145.859,– EUR, eine festzusetzende Umsatzsteuer in Höhe von 20.522,53 EUR und eine Abschlusszahlung in Höhe von 291,46 EUR. Gegen die auf diese Weise erfolgte Umsatzsteuerfestsetzung legte der Kläger am 31.08.2012 Einspruch ein und machte geltend, bei Anwendung der Differenzbesteuerung werde sich die Umsatzsteuerfestsetzung erheblich reduzieren.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 15.05.2013 als unbegründet zurück, worauf der Kläger am 13.06.2013 Klage erhoben hat.

Der Kläger macht geltend, es seien unter Berücksichtigung des § 25a UStG nur Umsätze in Höhe von 56.878,– EUR in 2009 (Minderung um 38.5...

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