rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG

 

Leitsatz (redaktionell)

An der Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG für den Veranlagungszeitraum 2001, wonach dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zur Ermittlung des Gewerbeertrags u.a. die nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleibenden Gewinnanteile hinzuzurechnen sind, soweit diese nicht unter das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg fallen, bestehen ernstliche Zweifel.

 

Normenkette

GewStG §§ 7, 8 Nr. 5; KStG § 8b Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Tatbestand

Die Antragstellerin erwarb im März 2001 sämtliche Anteile an der A-GmbH. Die A-GmbH beschloss am 29. Mai 2001 eine Vorabausschüttung des Gewinns für 2001 an die Antragstellerin in Höhe von 650.000,00 €.

Bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Einkommens der Antragstellerin für 2001 blieb die Gewinnausschüttung der A-GmbH gemäß § 8b Körperschaftsteuergesetz -KStG- außer Ansatz.

Bei der Durchführung der Gewerbesteuerveranlagung für 2001 wich der Antragsgegner u. a. insoweit von der Erklärung der Antragstellerin ab, als er dem nach den Vorschriften des KStG ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb den Betrag der Vorabausschüttung in Höhe von 650.000,00 £ (= 1.271.289,- DM) gemäß § 8 Nr. 5 Gewerbesteuergesetz -GewStG- hinzurechnete; mit Bescheid vom 15. April 2003, der gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO- unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stand, setzte der Antragsgegner den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für 2001 auf 170.595,00 DM (87.223,84 £) fest. Da die Antragstellerin über eine Betriebsstätte in ... verfügte, wurde der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag durch Zerlegungsbescheid vom 15. April 2003 nach der Summe der auf die Gemeinden ... und ... entfallenden Arbeitslöhne gemäß §§ 28, 29 GewStG zerlegt. Auf ... entfiel hiernach ein Zerlegungsanteil von 116.987,15 DM, was einem Zerlegungsmaßstab von 68,57595 vom Hundert entspricht. Dementsprechend setzte der Antragsgegner die zu zahlende Gewerbesteuer auf 479.647,00 DM (Messbetrag 116.987,15 DM x Hebesatz von 410 = 479.647,00 DM) fest.

Mit dem hiergegen rechtzeitig eingelegten Einspruch vom 30. April 2003 wandte die Antragstellerin sich gegen die Behandlung einer - weiteren - Gewinnausschüttung als nicht abziehbare Betriebsausgabe und gegen die Hinzurechnung der Gewinnausschüttung der A-GmbH gemäß § 8 Nr. 5 GewStG zum Gewinn; gleichzeitig beantragte sie insoweit die Aussetzung der Vollziehung.

Mit Schreiben vom 9. Juni 2003 stellte der Antragsgegner eine Teilabhilfe hinsichtlich der weiteren nicht abziehbaren Betriebsausgabe in Aussicht, lehnte die Aussetzung der Vollziehung in Bezug auf die steuerliche Behandlung der Gewinnausschüttung der A-GmbH jedoch ab, da insoweit keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Gewerbesteuermessbetragsbescheides bestünden.

Mit einem auf § 164 Abs. 2 AO gestützten Änderungsbescheid vom 24. Juni 2003 setzte der Antragsgegner den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 2001 herab (Messbetrag: 151.040,00 DM; Steuer: ≪entsprechend dem unveränderten Zerlegungsmaßstab von 68,57595 vom Hundert≫ = 424.666,00 DM); der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2003 wies der Antragsgegner den Einspruch, soweit er sich noch gegen die Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG richtete, als unbegründet zurück. Der Gewinn der Antragstellerin sei für Zwecke der Gewerbesteuerermittlung zutreffend um die von der A-GmbH beschlossene Vorabausschüttung in Höhe von 650.000,00 € gemäß § 8 Nr. 5 GewStG erhöht worden. Die Voraussetzungen dieser Zurechnungsvorschrift lägen unstreitig vor; die von der Antragstellerin geäußerten verfassungsrechtlichen Zweifel an der Anwendung dieser Vorschrift im Streitjahr 2001 würden vom Antragsgegner nicht geteilt. Zwar treffe es zu, dass die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG erst am 20. Dezember 2001 in Kraft getreten sei. Die Regelung in § 36 Abs. 4 GewStG in der Fassung des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes -UntStFG- vom 20. Dezember 2001 (BStBl I 2002, 35, 50 f.), wonach § 8 Nr. 5 GewStG erstmals im Erhebungszeitraum 2001 anzuwenden sei, verstoße jedoch nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.

Die Gewerbesteuer sei eine Jahressteuer, die mit Ablauf des Erhebungszeitraums, im Streitfall also mit Ablauf des Kalenderjahres, entstehe (§ 18 GewStG) . Die Einfügung der Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG sei vor Entstehung des Steueranspruchs erfolgt; von einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen könne daher nicht die Rede sein. Die vorliegende tatbestandliche Rückanknüpfung sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG- aber grundsätzlich zulässig. Ein Ausnahmefall, in dem die Güterabwägung zwischen der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl und dem durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens zur Bejahung des Vorrangs des Individualinteresses führe, liege im Streitfall nicht vor.

Die Antrags...

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