Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verwertungsverbot für die im Rahmen einer Bankenprüfung rechtswidrig erlangten Erkenntnisse über anonymisiert abgewickelte Tafelgeschäfte. Erstellung und Auswertung von Kontrollmitteilungen über steuerlich erhebliche Sachverhalte

 

Leitsatz (redaktionell)

Erlangt der Betriebsprüfer im Rahmen der Außenprüfung einer Bank die Namen der Kunden der Bank, die offensichtlich anonymisierte Tafelgeschäfte getätigt haben, in einer nicht durch § 194 Abs. 3 AO 1977 gedeckten rechtswidrigen Weise, ist die Fertigung von Kontrollmitteilungen über die jeweiligen Bankkunden und die von ihnen getätigten Tafelgeschäfte gleichwohl zulässig.

 

Normenkette

AO 1977 § 194 Abs. 3, § 30a

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der … bank … (Bank). Auf den Konten „Wertpapiervermittlung” (Nr. …) und „Wertpapiervermittlungtafelgeschäfte” (Nr. …) verbuchte die Bank im Jahre 1992 5 Fälle mit einem Umsatz von je über 100.000 DM (… DM), in denen sie Tafelpapiere verkaufte oder vermittelte. Die Bareinzahlung des Kaufpreises wurde auf dem Konto Kasse erfasst. In unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Nähe mit den Bareinzahlungen für die Tafelgeschäfte sind im Kassenkonto pfenniggleiche Barauszahlungen an Bankkunden dokumentiert, die bei der Bank Spar-, Giro- und (oder) andere Geldkonten unterhielten.

In einem weiteren Fall mit einem Umsatz von 107.875 DM löste ein Bankkunde sein Tafelpapier nebst Coupon ein. Die Einlösung wurde auf dem Wertpapiervermittlungskonto verbucht. Im Kassenkonto ist eine Barauszahlung des Einlösebetrags ausgewiesen und gleichzeitig eine betragsgleiche Bareinzahlung des Kunden auf ein ihm gehörendes Konto bei der Bank.

In einem siebten Fall schließlich mit einem Volumen von 155.785 DM wurden zwei Tafelpapiere über das Konto Wertpapiervermittlung-Tafelgeschäfte eingelöst und gleichzeitig ein neues Tafelpapier gekauft. Auch dieser Vorgang wurde auf dem Konto Wertpapiervermittlung-Tafelgeschäfte als Bargeschäft verbucht. In dem Kassenkonto ist eine Barauszahlung für die eingelösten Papiere sowie eine Barauszahlung aus dem Kundenkonto in Höhe des Differenzbetrags zwischen dem Einlösebetrag und dem Kaufpreis des neuen Papiers ausgewiesen. Das Entgelt für das neue Tafelpapier wurde wiederum als Bareinzahlung erfasst.

Bei einer regulären Betriebsprüfung ließ sich der Prüfer die Konten Wertpapiervermittlung und Wertpapiervermittlung-Tafelgeschäfte vorlegen, die dazugehörende Primanota des Kassenkontos und schließlich weitere Unterlagen, aus denen sich in den oben genannten 7 Fällen die Namen der Bankkunden ergaben, aus deren oder in deren Geldkonten bei der Bank die mit den Tafelgeschäften verbundenen Zahlungen flossen.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 1998 teilte der Prüfer der Klägerin mit, er beabsichtige, den Veranlagungsfinanzämtern der sieben Tafelgeschäftskunden Kontrollmitteilungen zukommen zu lassen.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Unterlassungsklage.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Voraussetzung des § 194 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) für die Fertigung von Kontrollmitteilungen läge nicht vor. Der Prüfer habe seine Erkenntnisse über die Tafelgeschäfte nicht anlässlich der Außenprüfung gewonnen. Zwischen der Außenprüfung und den Erkenntnissen des Prüfers über die Tafelgeschäfte bestehe kein sachlicher Zusammenhang. Die näheren Umstände der Tafelgeschäfte seien dem Prüfer nicht während einer in seinem Aufgabenbereich liegenden Tätigkeit bekannt geworden. Denn der Prüfer habe die Konten Wertpapiervermittlung, Wertpapiervermittlung-Tafelgeschäfte und Kasse nicht mit dem Ziel überprüft, steuerlich relevante Verhältnisse der Klägerin zu ermitteln. Diese Konten seien einer Ordnungsmäßigkeitsprüfung nicht zugänglich. Der Prüfer habe vielmehr die Beauftragten der Klägerin unmittelbar aufgefordert, bezüglich des Prüfungszeitraums sämtliche Tafelgeschäfte über 100.000 DM festzustellen und ihm die entsprechenden Unterlagen vorzulegen. Sämtliche Belege (Übersichtsblätter des Kontos Wertpapiervermittlungen, Eingangsprotokolle Kasse, Einzahlungs- und Auszahlungsbelege), die der Betriebsprüfer als Grundlage seiner Kontrollmitteilung in den Händen halte, seien aufgrund dieser Generalanforderung von Mitarbeitern der Klägerin und ohne Kenntnis des Vorstands herausgesucht worden.

Die Klägerin beantragt,

dem Beklagten zu untersagen, aus den sieben streitbefangenen Fällen, wie sie sich aus der von dem Beklagten übersandten Akte „Auskunftsersuchen” ergeben, Kontrollmitteilungen zu fertigen.

Der Beklagte beantragt

Klagabweisung.

Er habe seine Kenntnisse, die er zum Gegenstand von Kontrollmitteilungen machen wolle, in legaler und nicht gegen § 194 Abs. 3 AO verstoßender Art. erlangt. Dem Prüfer sei schon vor Prüfungsbeginn bekannt gewesen, auf welche Weise Banken das Tafelpapiergeschäft mit ihren eigenen Kunden anonym verbuchen. Er habe bei Beginn der Prüfung seine Ansprechpartner in der Bank der ...

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