rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermerk „ohne Änderung” im Betriebsprüfungsbericht als Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO. Festsetzungsfrist bei nicht zu Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheides führender Außenprüfung und entgegen § 164 Abs. 3 Satz 3 AO unterbliebener Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist im Betriebsprüfungsbericht bei der geprüften Umsatzsteuer für ein bestimmtes Jahr zu Umsätzen und Vorsteuern jeweils „ohne Änderung” vermerkt, ist darin eine Mitteilung im Sinne des § 202 Abs. 1 Satz 3 AO zu sehen, die nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO zu einer Beendigung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist für den Umsatzsteuerbescheid des betroffenen Jahres nach drei Monaten führt. Das gilt auch dann, wenn das Finanzamt nach der Außenprüfung entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 164 Abs. 3 Satz 3 AO den Vorbehalt der Nachprüfung in dem Umsatzsteuerbescheid nicht aufgehoben hat und bei zutreffender Behandlung tatsächlich den Umsatzsteuerbescheid zugunsten des Unternehmers ändern hätte müssen (im Streitfall: unzutreffend nach § 13b UStG angenommene Steuerschuldnerschaft eines Bauunternehmers).

2. Will der Unternehmer in diesem Fall eine Änderung zu seinen Gunsten erreichen, muss er innerhalb der Frist des § 171 Abs. 4 Satz 1 AO bzw. – wenn die reguläre Festsetzungsfrist später endet – vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Antrag auf Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheids nach § 164 Abs. 2 AO stellen. Ohne einen solchen Antrag ist der Ablauf der Festsetzungsfrist auch nicht nach Treu und Glauben – ggf. unter Berücksichtigung gemeinschaftsrechtlicher Grundsätze, wie den „effet utile” als „Spielart der teleologischen Interpretation” – gehemmt.

3. Mit Ablauf der Festsetzungsfrist ist der Vorbehalt der Nachprüfung entfallen (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO). Die Festsetzungsfrist wird durch einen Vorbehaltsbescheid nicht hinausgeschoben.

 

Normenkette

AO § 164 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 3, Abs. 4 S. 1, § 169 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2, § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 171 Abs. 3, 4 S. 1, § 202 Abs. 1 S. 3; UStG 2012 § 13b Abs. 2 Nrn. 1, 4-5, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Nach den Statuten der Klägerin ist Gegenstand ihres Unternehmens die Vermittlung und Vergabe von Bauvorhaben aller Art einschließlich Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen und zwar

  1. als Bauherr im eigenen Namen für eigene oder fremde Rechnung,
  2. als Baubetreuer im fremden Namen für fremde Rechnung, sowie Vermittlung von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, gewerbliche Objekte und Wohnräume. Die Gesellschaft darf gleichartige oder ähnliche Unternehmen in jeder zulässigen Rechtsform errichten, erwerben, vertreten oder sich an solchen Unternehmen beteiligen.

Im Streitjahr 2012 hat die Klägerin unter Berücksichtigung der BMF-Schreiben vom 16. Oktober 2009 (Bundessteuerblatt (BStBl.) I 2009, 1298), 11. März 2010 (BStBl. I 2010, 254) und 17. November 2011 als vermeintliche Steuerschuldnerin im Sinne des § 13b Umsatzsteuergesetz (UStG) jeweils die Umsatzsteuer für die an sie erbrachten Bauleistungen einbehalten und an den Beklagten abgeführt.

Die Klägerin erklärte in ihrer am 10. Juni 2013 beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 2012 Leistungen nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 und 5 UStG i.H.v. … EUR (Umsatzsteuer hieraus … EUR) und nach § 13b Abs. 2 Nr. 4, 6-9 UStG i.H.v. … EUR (Umsatzsteuer hieraus … EUR). Vorsteuerbeträge aus Leistungen des § 13b UStG nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 UStG erklärte sie in Höhe von insgesamt … EUR. Die Steuererklärung galt nach § 168 S. 1 Abgabenordnung (AO) mit dem Tag des Eingangs beim Beklagten am 10. Juni 2013 als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Für das Streitjahr 2012 wurde nach Prüfungsanordnung vom 4. August 2016 bei der Klägerin vom 20. September 2016 bis zum 30. November 2016 eine Außenprüfung unter anderem wegen „Umsatzsteuer 2012-2014” durchgeführt. Die Prüfung begann am 20. September 2016. Die letzte Ermittlung erfolgte am 30. November 2016. Ausgeführt wurde im Bericht über die Außenprüfung vom 20. Januar 2017 zur Umsatzsteuer Umsätze Tz. 23 „ohne Änderung” und Vorsteuern Tz. 24 „ohne Änderung”. Eine Schlussbesprechung fand am 30. November 2016 statt. Über die Prüfungsfeststellungen wurde Übereinstimmung erzielt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 20. Januar 2017 Bezug genommen.

Nach Betriebsprüfungsakte, Seite 46 „ist zu veranlassen: 1. Die Änderung und Aufhebung folgender Veranlagungen, Feststellungen und Festsetzungen inklusive der durch die Außenprüfung nicht geprüften Jahre:” für Körperschaft- und Gewerbesteuer 2012-2014. Nach der Steuerart „Umsatzsteuer” unter „Zeitraum” wurde handschriftlich mit Bleistift vermerkt „wegen Einsprüchen keine Aufhebung VdN”.

Bereits für die Vorjahre...

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