Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzungsfeststellungsklage. Rechtswidrigkeit einer Außenprüfung zur Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse eines Dritten. gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines ausländischen Prüfungsersuchens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Kläger hat auch dann ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Vorlagersuchens der Außenprüfung, wenn er diesem durch die Vorlage der angeforderten Unterlagen nachgekommen ist, jedoch erreichen will, dass die Verwertung der bei der Außenprüfung erzielten Prüfungsfeststellungen verboten wird.

2. Eine Außenprüfung, die bei einem inländischen Steuerpflichtigen allein zu dem Zweck angeordnet wird, einem ausländischen Auskunftsersuchen nachzukommen, um ins Blaue hinein die steuererheblichen Verhältnisse Dritter bei der Vermietung von im Ausland belegenen Ferienwohnungen auszuforschen, ist rechtswidrig.

3. Über die Rechtmäßigkeit eines ausländischen Auskunftsersuchens hat nicht das FA, sondern das Bundeszentralamt für Steuern zu entscheiden.

 

Normenkette

AO § 194 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 200 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 2; FGO § 100 Abs. 1 S. 4; EG-Amtshilfe-Gesetz § 3 Abs. 1 Nr. 1; FVG § 5 Abs. 1 Nr. 5; DBA-Italien Art. 27 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.09.2017; Aktenzeichen I R 97/15)

BFH (Urteil vom 12.09.2017; Aktenzeichen I R 97/15)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die an die Klägerin gerichtete Aufforderung des Beklagten vom 5. Februar 2013, Unterlagen für die Anfertigung von Kontrollmitteilungen im Rahmen des Auskunftsersuchens der Guardia di Finanza vom Januar 2013 vorzulegen, für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Oktober 2011 rechtswidrig ist.

2. Die an die Klägerin gerichtete Aufforderung vom 5. Februar 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2014 für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 30. September 2012 wird (ersatzlos) aufgehoben.

3. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrags erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Klägerin ist die A-GmbH mit Sitz in X und ist eine Organgesellschaft. Organträger ist die Y Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft X. Alleiniger Geschäftsführer der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum 1. Januar 2008 bis 30. September 2012 war B.G.(im Folgenden: B.G.). Inzwischen wurde auch H.K. zur Geschäftsführerin bestellt. Gegenstand der A-GmbH ist die Anmietung und Weitervermietung sowie der Kauf und Verkauf von Ferienhäusern, Ferienwohnungen, Ferienanlagen und Hotels im In- und Ausland sowie die damit zusammenhängenden Dienste und Leistungen (§ 2 des Gesellschaftsvertrags vom 15. September 1974).

Entgegen den Angaben im Gesellschaftsvertrag vom 15. September 1974 ist der Kauf und der Verkauf von Ferienhäusern, Ferienwohnungen, Ferienanlagen und Hotels im In- und Ausland von der Klägerin nicht betrieben worden.

Die A-GmbH tritt als eigener Veranstalter von Ferienhausaufenthalten in 16 europäischen Ländern und in Florida/USA auf. Die Verträge über die Nutzung der Ferienwohnungen mit den Reisenden/Urlaubern werden von der Klägerin in eigenem Namen und für eigene Rechnung abgeschlossen.

Die Klägerin bot im streitbefangenen Zeitraum vom 1. Januar 2008 – 30. September 2012 ca. 20.000 (inzwischen ca. 26.000) Ferienhäuser in Katalogen an (s. die dem Finanzgericht [FG] zur Verfügung gestellten Kataloge und Ferienhäuser in Italien, jeweils für das Jahr 2014) und hiervon unabhängig auch im Internet (www….com).

Inzwischen werden ca. 25 % der Wohnungen nur über das Internet angeboten. Im Jahr 2013 hat die Klägerin mit 860.000 Reisenden Verträge über Ferienwohnungen abgeschlossen. Sie erzielte im Jahr 2013 einen Umsatz von 138 Millionen EUR. Im streitbefangenen Zeitraum erzielte sie einen Umsatz zwischen 100 Millionen EUR und 130 Millionen

EUR. Der Umsatz stieg in jedem Jahr gegenüber dem Vorjahr um ca. 6 %. Im hier streitbefangenen Zeitraum wurden auf dem Konto „Aufwendungen Veranstaltungen” folgende Mietaufwendungen insgesamt verbucht: 2008: 81.160.235 EUR; 2009: 85.744.534 EUR; 2010: 88.787.995 EUR; 2011: 93.725.819 EUR (s. die Prüfernotiz Nr. 2, Bl. 45 der BP-Akte).

Die Klägerin ist einer der international größten Spezialreiseveranstalter im Bereich der Vermietung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen.

In den Jahren 2008 – 2012 verfügte die Klägerin im Streitpunkt des vorliegenden Klageverfahrens in Italien über ca. 4.500 bis 5.000 Ferienwohnungen zur Vermietung an Reisende/Urlauber. Die meisten Wohnungen liegen in Oberitalien (insbesondere im Einzugsbereich der oberitalienischen Seen) und in der Toskana. Die Klägerin übe...

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