rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erleichterte Anforderungen an den Nachweis von Unterhaltszahlungen an im Kosovo lebende, zur politisch unterdrückten Volksgruppe der Albaner gehörende Angehörige. Einkommensteuer 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Abziehbarkeit von Unterhaltsleistungen an die im Kosovo lebende Mutter, eine Albanerin, war es für das Streitjahr 1996 angesichts der politischen Verhältnisse im Kosovo –Verdrängung der albanischen Mehrheit aus dem öffentlichen Leben– nicht geboten, amtliche Bescheinigungen in der sonst vorgesehenen Form für den Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung der Unterhaltszahlungen und der Unterhaltsbedürftigkeit zu verlangen (hier: Anerkennung von zwei Geldübergaben durch einen Verwandten aufgrund Zeugeneinvernahme).

2. Der Unterhaltsbegriff in § 33a Abs. 1 EStG betrifft nur typische Unterhaltsaufwendungen, so vor allem für Wohnung, Ernährung und Kleidung des Unterhaltenen, setzt aber anders als der Unterhaltsbegriff im BGB keine laufenden Zahlungen des Unterhaltsverpflichteten voraus. Der Steuerabzug ist also auch bei unregelmäßigen (z.B. ein- oder zweimaligen Leistungen im Jahr) Zahlungen möglich.

 

Normenkette

EStG 1996 § 33a Abs. 1 Sätze 1, 5; BGB § 1612

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.12.2004; Aktenzeichen III R 49/03)

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31. März 1999 wird der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 vom 30.05.1997 dahingehend abgeändert, dass die Einkommensteuerschuld auf DM 0,– herabgesetzt wird.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Verfahren ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss angesetzten Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an die im Streitjahr im Kosovo lebende, verwitwete Mutter des Klägers.

Die Kläger (Kl.) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 machten sie Geldzuwendungen in Höhe von DM 6.000,– an die im Kosovo lebende, verwitwete Mutter – …, geb. 25.02.1948 – geltend. Der Einkommensteuererklärung lag eine Unterhaltsbescheinigung vom 31.12.1996 der Gemeinde G. Obrinje sowie eine Empfangsbestätigung der Unterhaltsempfängerin vom 15.01.1997 bei. Aus der Unterhaltsbescheinigung ergibt sich u.a., dass die Mutter weder über eigene Einkünfte verfügte noch ihr Vermögen zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichte. Die Empfangsbestätigung weist den Empfang folgender Zahlungen aus:

15.04.1996:

DM 1.000,–

18.08.1996:

DM 3.000,–

21.12.1996:

DM 2.000,–

Im Einkommensteuerbescheid vom 30.05.1997 ließ der Beklagte (Bekl.) die Unterhaltszahlungen unter Hinweis auf die fehlende Zwangsläufigkeit unberücksichtigt.

Dagegen legten die Kl. mit Schreiben vom 10.06.1997 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass in Jugoslawien Bürgerkrieg geherrscht habe und die Mutter im Kosovo lebe. In dieser Zeit sei für Frauen keine Arbeit zu finden gewesen. Eine Bedürftigkeitsbescheinigung sei vorgelegt worden. Die Geldübergabe sei durch einen Verwandten – Herrn B – erfolgt.

Als weitere Nachweise für die Unterhaltszahlungen wurden im Einspruchsverfahren ein Kontoauszug des Kl. vom 26.08.1996 vorgelegt, aus dem sich eine Barabhebung vom 05.08.1996 in Höhe von DM 4.000,– ergibt (weitere Zahlungen sollen aus Barlohnzahlungen erbracht worden sein), sowie Kopien aus dem Reisepass des Herrn B mit folgenden Visas:

26.05.1996

18.08.1996

26.10.1996

22.12.1996.

Durch Einspruchsentscheidung vom 31.03.1999 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Die Berücksichtigung der Zahlungen scheitere bereits daran, dass die Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter nicht ausreichend nachgewiesen worden sei. Die vorgelegte Unterhaltsbescheinigung allein reiche für den Nachweis der Bedürftigkeit nicht aus, da sich die unterstützte Mutter noch im arbeitsfähigen Alter befunden habe. Deshalb hätten beweiskräftige Unterlagen vorgelegt werden müssen, aus denen sich ergebe, dass die Unterhaltsempfängerin arbeitslos bzw. arbeitssuchend gewesen sei und dass sie keine Hilfs- oder Gelegenheitsarbeiten habe ausüben können. Auch sei kein ordnungsgemäßer Zahlungsnachweis erbracht worden. Hinsichtlich der insgesamt geltend gemachten Unterhaltszahlungen in Höhe von DM 6.000,– sei nur für die Zahlung von DM 3.000,– ein zeitnaher Abhebungsnachweis sowie ein Aufenthaltsnachweis des Überbringers erbracht. Die Ausführungen, dass der Kl. auch Barlohn bezogen habe und diesen für die Unterstützung verwendet habe, seien nicht glaubwürdig. Im Übrigen seien alle Zahlungen schon allein deshalb nicht anzuerkennen, weil der Überbringer weder den Erhalt der Geldbeträge noch die Weitergabe des Geldes an die Mutter bestätigt habe. Es sei den Kl., unabhängig von den politischen Verhältnissen im ehemaligen Jugoslawien, zuzumuten, den Geldfluss zum Überbringer sowie d...

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