rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Steuerbefreiung von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen bei Beinflussung des Grundlohns

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 3b EStG liegt der Gedanke zugrunde, dass der Arbeitnehmer von der Steuerbefreiung nach dem Maß der von ihm geleisteten Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit profitieren soll: Wer mehr Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit leistet, erhält mehr Zuschläge, spart damit in der Summe mehr Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschläge und empfängt somit einen höheren Nettolohn.

2. Der Steuerbefreiung nach § 3b EStG steht es entgegen, wenn die Höhe des Grundlohns davon abhängig gemacht wird, ob in einem Monat vom Arbeitnehmer viel oder wenig zuschlagbegünstigte Arbeit geleistet worden ist.

3. Bei einer Nettolohnvereinbarung sind Sonn- Feiertag- und Nachtzuschläge nicht nach § 3b EStG steuerfrei, wenn durch deren Gewährung nicht der Arbeitnehmer, sondern aufgrund der Deckelung des „durchschnittlichen Effektivlohns” der Arbeitgeber begünstigt wird, der bei zunehmendem Umfang geleisteter Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit weniger Ergänzungslohn und damit insgesamt weniger Lohn aufwenden muss

4. Die Anwendung des § 3b EStG setzt voraus, dass die Zuschläge für die tatsächlich geleistete Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt wird.

5. Steht den Arbeitnehmern eine stets gleich bleibende Stundenvergütung zu, ohne Rücksicht darauf, ob sonntags- feiertags oder nachts gearbeitet wird, sind die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Sonn- Feiertags- und Nachtzuschläge nach § 3b EStG nicht gegeben.

 

Normenkette

EStG §§ 3b, 42d Abs. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 3 S. 1, § 41a Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.06.2010; Aktenzeichen VI R 50/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 17/20 und der Beklagte zu 3/20.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner kann der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob von der Klägerin (Kl) als „Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge” (im Folgenden: „SFN-Zuschläge”) bezeichnete Lohnzahlungen steuerfrei sind.

I. 1. Die Kl betreibt einen Autohof, in dessen Gastronomiebereich die vom Streitfall betroffenen Arbeitnehmer in wechselnden Schichten rund um die Uhr beschäftigt waren. Nach den insoweit gleich gestalteten Arbeitsverträgen sollten die Arbeitnehmer neben einem Basisgrundlohn „die aus ihrer Arbeitszeit resultierenden möglichen SFN-Zuschläge nach EStG.3b als Teillohn des vereinbarten durchschnittlichen Effektivlohns pro Stunde für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden” erhalten. Unter dem „durchschnittlichen Effektivlohn” verstanden die Vertragsparteien den Auszahlungsbetrag, der sich nach Abzug der nach den persönlichen Besteuerungsmerkmalen ermittelten steuerrechtlichen Abzüge und der Sozialabgaben vom Bruttolohn ergab. Der Auszahlungsbetrag, der auch „alle einzelrelevanten Löhne, wie etwa Urlaubs- und Weihnachtsgeld” enthalten sollte, wurde in fester Höhe vereinbart. Für den Fall, dass sich aufgrund der Arbeitszeitplanung ein geringerer durchschnittlicher Auszahlungsbetrag als der vereinbarte ergäbe, sollte für den betreffenden Abrechnungsmonat der Basisgrundlohn um eine sog. „Grundlohnergänzung” so erhöht werden, dass sich hieraus der vereinbarte durchschnittliche Auszahlungsbetrag pro tatsächlich geleisteter Arbeitsstunde errechnete. Wurde mit der Summe aus Basisgrundlohn, Urlaubs-, Weihnachtsgeld, dem Arbeitgeberzuschuss zu den vermögenswirksamen Leistungen (im Folgenden: Arbeitgeberzuschuss VWL) und „SFN-Zuschlägen” der durchschnittliche Auszahlungsbetrag bereits erreicht, war eine Grundlohnergänzung nicht zu gewähren. Auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen setzte sich der durchschnittliche Auszahlungsbetrag im Regelfall wie folgt zusammen:

Basisgrundlohn

+ anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld

+ Arbeitgeberzuschuss VWL

+ Grundlohnergänzung

= Grundlohn

- Steuerrechtliche Abzüge

- Sozialabgaben

= Nettolohn

+ SFN-Zuschläge

= Durchschnittlicher Auszahlungsbetrag

Ziel der getroffenen Vergütungsvereinbarungen war es, den in fester Höhe vereinbarten durchschnittlichen Auszahlungsbetrag zu erreichen. Mit der Garantie eines festen Nettostundenlohnes wollte die Kl Lohnschwankungen ausgleichen, die sich sonst aufgrund unterschiedlicher Arbeitszeitplanung ergeben hätten. Mittels der Abrechnungssoftware „Linus” der Gastro Informationssysteme GmbH wurde der als Bemessungsgrundlage für die „SFN-Zuschläge” dienende „Grundlohn”, der zugleich den steuerpflichtigen Bruttoarbeitslohn darstellt, in einem iterativen Verfahren so hochgerechnet, dass sich unter Berücksichtigung aller Lohnbestandteile der vertraglich vereinbarte durchschnittliche Auszahlungsbetrag ergab.

Die von der Kl vorgenommene Berechnungsweise de...

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