Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuerentlastung nach § 54 EnergieStG. Aufteilung der in einem Fernwärmenetz entstehenden Übertragungsverluste bei Einspeisung thermischer Energie durch mehrere Anlagenbetreiber

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einem Energieversorgungsunternehmen steht nach § 54 Abs. 1 EnergieStG grundsätzlich auch für diejenigen Energieerzeugnisse ein Entlastungsanspruch zu, die von ihm zusätzlich zum Ausgleich von Wärmeverlusten in dem von ihm betriebenen örtlichen Fernwärmenetz verheizt und als Eigenverbrauch geltend gemacht werden.

2. Speisen neben dem Netzbetreiber auch andere Anlagenbetreiber Wärme in das Fernwärmenetz ein, muss eine proportionale Aufteilung der Verlustmengen im Verhältnis der von den einzelnen angeschlossenen Anlagen jeweils eingespeisten Mengen an Wärmeenergie erfolgen.

 

Normenkette

EnergieStG § 54 Abs. 1, § 2 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.02.2023; Aktenzeichen VII R 27/20)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Energiesteuerentlastung nach § 54 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) für das Jahr 2014.

Die Klägerin ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen. Einer ihrer Tätigkeitsbereiche ist die Erzeugung, Fortleitung und der Verkauf von Wärme. Insoweit handelt es sich bei ihr unstreitig um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG i.V.m. § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) und Abschnitt E (Energie- und Wasserversorgung) der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003). Die Klägerin erzeugt Wärme in eigenen Anlagen. Daneben bezieht sie auch Wärme von anderen Anlagenbetreibern (sog. „Bezugswärme”).

Die eigene Wärme gewinnt sie zum einen in mehreren Blockheizkraftwerken (BHKW), mit denen sie im Prozess der Kraft-Wärme-Kopplung Strom und Wärme „KWK-Wärme”) erzeugt. Zum anderen betreibt sie mehrere Heizungsanlagen (Heizkessel). Das dort erzeugte Heißwasser „Kesselwärme”) verbraucht sie zum Teil selbst, um den Wärmebedarf in ihren eigenen Immobilien abzudecken „Eigenbedarf”). Im Übrigen speist sie es in Wärmenetze ein, die ebenfalls von ihr betrieben werden. Dabei handelt es sich um Rohrleitungsnetze, die jeweils als Kreislauf konzipiert und technisch nicht miteinander verbunden sind. Der Wärmetransport erfolgt über den Wasserkreislauf des jeweiligen Rohrleitungsnetzes. Die Klägerin speist hierzu thermische Energie in den jeweiligen Wasserkreislauf ein, und die verschiedenen Kunden entnehmen an der jeweiligen Übergabestelle des Rohrleitungsnetzes die thermische Energie durch Wärmetauscher.

Im Streitjahr 2014 betrieb die Klägerin die Netze „Innenstadt”, „Ganzäcker” sowie das Netz „Hirschheim”. An jedes Rohrleitungsnetz waren jeweils mehrere Heizkessel und BHKW angeschlossen. In die Wärmenetze „Innenstadt” und „Ganzäcker” speisten neben der Klägerin auch andere KWK-Anlagenbetreiber Wärme ein, sodass diese beiden Netze aus drei Wärmequellen (von der Klägerin selbst erzeugte „Kesselwärme” und „KWK-Wärme” sowie von anderen Anlagenbetreibern erzeugte „Bezugswärme”) gespeist wurden. In das Netz „Hirschheim” speiste (nur) die Klägerin „Kesselwärme” und „KWK-Wärme” ein.

Zur Wärmeerzeugung verwendete die Klägerin leichtes Heizöl (d.h. Gasöle i.S. des § 2 Abs. 3 Nr. 1 EnergieStG) sowie Erdgas. Das leichte Heizöl wurde jeweils durch ihre Lieferanten versteuert und in den Kesseln der Heizungsanlagen verheizt. Erdgas bezog sie zunächst unversteuert von ihren Lieferanten. Sie verwendete es entweder in den erwähnten Erzeugungsanlagen oder lieferte es an Letztverbraucher und meldete hierfür selbst jährlich die Energiesteuer an.

In den Heizkesseln der Heizungsanlagen wurden beide Energieerzeugnisse verheizt. In den BHKW verwendete die Klägerin hingegen ausschließlich Erdgas. Während des Transports der Wärme vom Einspeisepunkt des jeweiligen Rohrleitungsnetzes bis zum Entnahmepunkt kam es aus physikalischen Gründen zu unvermeidbaren Wärmeverlusten. Im Netz „Innenstadt” betrugen diese unstreitig 20.722,138 MWh, im Netz „Ganzäcker” 4.328,925 MWh und im Netz „Hirschheim” 151,458 MWh.

Am 11. Dezember 2015 stellte die Klägerin für das Kalenderjahr 2014 einen Antrag auf Energiesteuerentlastung gem. § 54 EnergieStG. Sie beantragte – abzüglich des Selbstbehalts nach § 54 Abs. 3 EnergieStG – eine Steuerentlastung in Höhe von 10.518,51 EUR für insgesamt 7.799,411 MWh Erdgas und 347 Liter leichtes Heizöl. Die Klägerin ermittelte die entlastungsfähigen Mengen, indem sie in tatsächlicher Hinsicht die in den Anlagen BHKW A, Heizzentrale B und Heizzentrale C eingesetzten Erdgasmengen von 68,802 MWh, 65,805 MWh und 2.598,136 MWh in vollem Umfang dem Ausgleich von Wärmeverlusten im Netz „Innenstadt” zuordnete. In der gleichen Weise verfuhr sie bei den in den Anlagen BHKW D und E eingesetzten Mengen von 4.408,466 MWh und 272,990 MWh (eingespeist in das Netz „Ganzäcker”). Von den in den BKHW F und G eingesetzte...

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