Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Grenze der nachträglichen Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG nach der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bildung einer Rücklage nach § 7g EStG gehört zu den zeitlich unbefristeten Wahlrechten, die formell bis zum Eintritt der Bestandskraft derjenigen Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, auf welche sie sich auswirken sollen.

2. Soweit die Rücklage die „künftige” bzw. die voraussichtlich bis zum Ende des zweiten Jahrs auf die Bildung der Rücklage erfolgende Anschaffung eines Wirtschaftsguts voraussetzt, schließt dies ein im Zeitpunkt der Rücklagenbildung bereits angeschafftes Wirtschaftsgut nicht aus.

3. Nur für künftige Investitionen, die im Zeitpunkt der Rücklagenbildung nicht mehr durchführbar oder objektiv unmöglich sind, darf keine Rücklage mehr gebildet werden.

4. Eine Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG kann auch im Rahmen der Änderung des Bescheides erstmals gebildet werden.

5. Das Erfordernis eines Finanzierungszusammenhangs zwischen der Rücklage und der Investition schließt es nicht aus, die Rücklage auch dann zu bilden, wenn die Bilanz für das Jahr der Rücklage zeitlich nach der Investition aufgestellt wird.

6. Ein Finanzierungszusammenhang ist dann nicht mehr gegeben, wenn die Rücklage erstmals später als zwei Jahre nach Anschaffung oder Herstellung der Wirtschaftsgüter gebildet wird. In diesem Fall wird typisierend und unwiderleglich vermutet, dass die Rücklage nicht mehr der Investitionserleichterung dient.

7. Die vom Gesetzgeber geförderte Innenfinanzierung einer bereits getätigten Investition wird auch durch die nachträglich Bildung der Ansparrücklage erleichtert, so dass das gesetzgeberische Ziel erreicht wird.

 

Normenkette

EStG 2006 §§ 7g, 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.10.2012; Aktenzeichen I R 13/12)

BFH (Urteil vom 24.10.2012; Aktenzeichen I R 13/12)

 

Tenor

1. Die geänderten Körperschaftsteuerbescheide für 2006 und 2007 vom 23. November 2010 werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert; dem beklagten Finanzamt wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung zu errechnen, der Klägerin das Ergebnis der Berechnung unverzüglich mitzuteilen und die Bescheide mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt das beklagte Finanzamt.

3. Das Urteil ist wegen der den Klägern zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. Übersteigt der Kostenanspruch der Kläger den Betrag von 1.500 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten nur dann vorläufig vollstreckbar, wenn die Kläger zuvor Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des Kostenanspruchs geleistet haben.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Bildung einer Rücklage nach § 7g des EinkommensteuergesetzesEStG – in der in den Streitjahren 2006 und 2007 gültigen Fassung.

Die Klägerin hat am 1. Januar 2006 mit ihrer Tätigkeit begonnen.

Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2006 wurde am 26. März 2007 vom Geschäftsführer der Klägerin und deren steuerlichen Berater unterzeichnet. Er wurde zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung für 2006 am 19. Juni 2007 beim beklagten Finanzamt – FA – eingereicht. In der Bilanz war für die geplante Investition einer Bandanlage in Höhe von 140.000 EUR eine Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG in Höhe von 56.000 EUR (40 %) gebildet worden. Mit Datum 5. Oktober 2007 erging der erstmalige Körperschaftsteuerbescheid.

Der Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 wurde am 23. April 2008 vom Geschäftsführer der Klägerin und deren steuerlichen Berater unterzeichnet. Er wurde zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung für 2007 am 30. April 2008 beim FA eingereicht.

Gleichzeitig reichte die Klägerin am 30. April 2008 eine berichtigte Bilanz zum 31. Dezember 2006 ein, in der zum einen Umsatzerlöse in Höhe von 150.000 EUR nachgebucht worden waren und zum anderen die Rücklage nach § 7g Abs. 3 EStG auf 131.000 EUR erhöht wurde (+ 75.000 EUR). Hierzu wurde u.a. vorgetragen, dass die Klägerin in 2007 und 2008 weitere Investitionen getätigt habe:

Investitionsgut

Betrag

Rücklage

Wechselhubbrücke, angeschafft am 27.06.2007

110.000 EUR

44.000 EUR

Gabelhubwagen, angeschafft am 22.02.2007

4.500 EUR

1.800 EUR

Audi A3 Pkw, angeschafft am 24.04.2007

23.000 EUR

9.200 EUR

BMW Pkw

50.000 EUR

20.000 EUR

Summe

187.500 EUR

75.000 EUR

In der Bilanz zum 31. Dezember 2007 wurde die Rücklage aus 2006 in Höhe von 131.000 EUR gewinnerhöhend aufgelöst und folgende Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 2 EStG a.F.

auf die in 2007 neu angeschafften Investitionsgüter vorgenommen:

Investitionsgut

Anschaffungskosten

Abschreibung

Wechselhubbrücke

103.700 EUR

20.470 EUR

Gabelhubwagen

4.218 EUR

843 EUR

Audi A3 Pkw

23.257 EUR

4.651 EUR

Bandanlage

69.810 EUR

13.962 EUR

Summe

39.926 EUR

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