Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes. Schätzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Fällt der Bekanntgabetag eines schriftlichen Verwaltungsakts auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so gilt der Verwaltungsakt erst mit Ablauf des nächstfolgenden Werktages als bekanntgegeben.

2. Die mangelnde Mitwirkung des Steuerpflichtigen durch Nichtabgabe von Steuererklärungen trotz Aufforderung hierzu berechtigt die Finanzbehörde zur Schätzung.

3. Akzeptiert der Steuerpflichtige die Feststellungen eines Strafbefehls durch die Beschränkung seines Einspruchs auf dessen Rechtsfolgenausspruch, kann sich das Finanzgericht im Wege des Urkundenbeweises gemäß §§ 81, 82 FGO in Verbindung mit §§ 415 ff. ZPO dessen Feststellungen zu eigen machen.

4. Durch die strafgerichtliche Verurteilung geht eine Indizwirkung für das finanzgerichtliche Verfahren aus; diese kann nur dadurch ausgeräumt werden, dass der Kläger substantiiert darlegt und unter Beweis stellt, weshalb er zu Unrecht ein Geständnis abgelegt hat.

5. Das Finanzgericht ist nicht verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären, wenn ohne die Mitwirkung des Klägers keine Möglichkeit erkennbar ist, die Ungewissheit über die Besteuerungsgrundlagen in entscheidenden Punkten zu beheben

 

Normenkette

AO § 90 Abs. 2, §§ 162, 108 Abs. 3, § 122 Abs. 2; StPO § 410 Abs. 2; FGO §§ 81-82; ZPO § 415

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.07.2009; Aktenzeichen VIII B 214/07)

BFH (Beschluss vom 30.07.2009; Aktenzeichen VIII B 214/07)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Einkommensteuerbescheide 1994 bis 2002.

Im Rahmen der bei der Firma … GmbH – ABC – in 1999 durchgeführten Betriebsprüfung wurden dem zuständigen Prüfer zur Überprüfung der Position „Rechts- und Beratungskosten” am 22. Juni 1999 Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis des Klägers und seines Vaters, O.X., vorgelegt, die jeweils auf Beratervereinbarungen zwischen der ABC und diesen vom 1. August 1994 basierten. Als Rechnungsaussteller traten hierbei entweder der Kläger oder sein Vater auf. Über die … Treuhandgesellschaft wurden dem Prüfer am 23. Dezember 1999 „neue” Rechnungen vorgelegt. In diesen tritt nur der Vater des Klägers als Rechnungsaussteller auf. Am 17. März 2000 wurde dem Prüfer eine Vereinbarung vom 10. August 1994 zwischen der ABC und dem Einzelunternehmen TT International O.X. – TT – vorgelegt, wonach die Vereinbarungen über Beratungsleistungen zwischen der ABC und dem Kläger bzw. der ABC und dem Vater des Klägers im Namen und für Rechnung der TT abgeschlossen wurden und die Abrechnung ausschließlich über die TT erfolgt. Das Original der Vereinbarung vom 10. August 1994 wurde trotz Aufforderung nicht vorgelegt. Der Betriebsprüfer stellte fest, dass der Kläger beim örtlich zuständigen Veranlagungsfinanzamt gar nicht geführt wurde.

Am 17. Juli 2000 wurde daraufhin ein Steuerstrafverfahren eingeleitet. Mit Schreiben vom 15. September 2000 teilte der Vater des Klägers dem beklagten Finanzamt – FA – mit, dass der Kläger in 1996 und 1997 bei ihm eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt und ansonsten kein Einkommen habe.

In den Steuerfahndungsberichten vom 7. November 2003 und 24. November 2004 wurde festgestellt, dass die ABC als Nachfolgeunternehmen der AB GmbH & Co.KG mit Gesellschaftsvertrag vom 17. März 1994 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet wurde. Zum Geschäftsführer wurde S.H. bestellt. Alleingesellschafterin war zunächst Frau R.A.. Mit Beschluss der Alleingesellschafterin vom 27. Juli 1994 wurde dem Kläger und seinem Vater eine Handlungsvollmacht für den gesamten Geschäftsbetrieb erteilt. Mit Beschluss der Alleingesellschafterin vom 12. August 1994 wurde das Stammkapital auf 1 Mio. DM erhöht und der seitherige persönliche Anlageberater und Bevollmächtigte der Alleingesellschafterin, O.X., Mitgesellschafter an der ABC mit einem Gesellschaftsanteil von 50 v.H. Bereits zuvor, nämlich am 1. August 1994, wurden zwischen dem Kläger und der ABC bzw. dem Vater des Klägers und der ABC Beratervereinbarungen getroffen. Danach sollten der Kläger und sein Vater in freiberuflicher Tätigkeit Aufgaben der Geschäftsführung der ABC übernehmen. Als Vergütung wurde für den Kläger ein Tageshonorar von 1.200 DM zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer und für seinen Vater ein solches von netto 2.500 DM vereinbart. Mit Vereinbarung vom 15. Juli 1996 zwischen der ABC und dem Kläger, auf deren Inhalt verwiesen wird, wurde das Tageshonorar auf 1.500 DM netto erhöht. Durch Gesellschafterbeschluss vom 19. Juli 1996 wurde der seitherige Geschäftsführer der ABC, S.H., abberufen und der Kläger zum neuen Alleingeschäftsführer bestellt. Die Buchungsanweisungen bei der ABC zur Vergütung der Beratungsleistungen erfolgten jeweils durch den Vater des Klägers. Buchhalterisch wurde der Beratungsaufwand auf einem Verrechnungs- bzw. Verbindlichkeitenkonto gegengebucht, wobei eine Aufteilung ...

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