Entscheidungsstichwort (Thema)

„Betriebsstätte” im Sinne des DBA-Schweiz eines Taxiunternehmers durch Mitnutzung eines Schreibtischarbeitsplatzes und alleinige Nutzung eines Standcontainers in Büroräumlichkeiten einer Schweizer Taxi-Genossenschaft (Taxi-Zentrale). - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 47/21)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein in Deutschland ansässiger und in der Schweiz ein Taxiunternehmen betreibender Steuerpflichtiger unterhält als Mitglied einer Schweizer Taxi-Genossenschaft in den Büroräumen der Genossenschaft (Taxizentrale) eine für die Annahme einer Betriebsstätte erforderliche „feste Geschäftseinrichtung” im Sinne von Art. 5 Abs. 1 DBA-Schweiz und Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz, wenn ihm dort dauerhaft zur gemeinsamen Nutzung mit anderen Taxiunternehmern ein mit einem PC, Bildschirmen und einem Telefon ausgestatteter Schreibtisch sowie zur alleinigen Nutzung ein ausschließlich dem Steuerpflichtigen überlassener Standcontainer, der mit dem Firmenschild des Klägers beschriftet ist und zu dem nur der Steuerpflichtige Schlüsselgewalt hat, zur Verfügung stehen, wenn der Steuerpflichtige in diesem Standcontainer betriebliche Unterlagen wie Kundenkarten, Kreditabrechnungen der Großkunden, Tachoscheiben und der Überprüfung von Fahrtzeiten und Ruhepausen der Fahrer dienenende und zunächst im Fahrzeug mitzuführende Kontrollkarten aufbewahrt und wenn der Steuerpflichtige an dem Schreibtisch regelmäßig ein- bis zweimal pro Woche die Vorarbeiten für die Buchführung und die Steuererklärungen, mit deren Erstellung eine Schweizer Steuerberatungsgesellschaft beauftragt ist, die Bezahlung von Rechnungen, Telefonate und die sonstige Korrespondenz erledigt (Abgrenzung zu FG Baden-Württemberg, Beschluss v. 19.12.2008, 3 V 2830/07).

2. Dagegen sind weder das Taxi noch ein Tiefgaragenstellplatz in der Schweiz als „Betriebstätte” anzusehen.

 

Normenkette

DBA CHE 1978 Art. 3 Abs. 1 Buchst. f., Art. 5 Abs. 1-2, Art. 7 Abs. 1 Sätze 1-2, Art. 24 Abs. 1 Sätze 1-2; EStG § 1 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, §§ 15, 32b; AO § 12 S. 1

 

Tenor

1. Die Einkommensteueränderungsbescheide für 2009 und für 2010, jeweils vom 10. Mai 2017, werden dahingehend abgeändert, dass die gewerblichen Einkünfte des Klägers aus dem Taxibetrieb insgesamt unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt werden. Die Berechnung der Einkommensteuer wird gemäß § 100 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Beklagten übertragen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der noch zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, haben die Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bei 1.500 EUR oder darunter, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Beklagte der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leisten.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die von dem Beklagten, dem Finanzamt, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Ihr alleiniger Wohnsitz befindet sich in A / Deutschland. Der Kläger erzielt seit 2003 aus der im Handelsregister des Kantons C, Schweiz, eingetragenen Einzelfirma „Betrieb eines Taxiunternehmens” Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der Taxibetrieb ist am Geschäftssitz der Taxi-Genossenschaft D, … strasse x, Kanton C, Schweiz, deren Genossenschaftsmitglied der Kläger ist, angemeldet. In der Taxi-Genossenschaft sind selbstständige Taxihalter zu einer Funkzentrale zusammengeschlossen, über die die Fahraufträge abgewickelt werden. Nach Art. 8 der Statuten der Taxi-Genossenschaft D (Ausgabe vom 6. April 2009) sind die Genossenschafter u.a. verpflichtet, „nach Möglichkeit von den Einrichtungen der Genossenschaft Gebrauch zu machen (Treuepflicht)”. Der Kläger besitzt einen in der Schweiz ausgestellten Führerschein und eine Schweizer Taxilizenz. Von der Kantonspolizei C, Taxibüro, wurden dem Kläger drei Taxihalterbewilligungen „A” ausgestellt. Gemäß § 6 der Verordnung des Regierungsrats des Kantons C zum Taxigesetz (Taxiverordnung) vom 3. Dezember 1996 sind die öffentlichen Standplätze den A-Taxis vorbehalten. B-Taxis dürfen dort jedoch Fahrgäste aussteigen lassen. Zudem berechtigen die Taxihalterbewilligungen zum Parken auf öffentlichen Parkplätzen. Im Streitjahr 2009 beschäftigte der Kläger fünf und im Streitjahr 2010 vier angestellte Taxifahrer. Der Kläger wurde in der Schweiz mit seinen Einkünften aus dem Taxiunternehmen zur kantonalen Einkommen- und Vermögenssteuer sowie zur Direkten Bundessteuer herangezogen.

Bis 2007 wurden die vom Kläger erklärten Einkünfte aus dem Taxiunternehmen unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Eink...

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