Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Erlass von Sanierungsgewinnen wegen sachlicher Unbilligkeit bei Geltung des § 3 Nr. 66 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter der zeitlichen Geltung des § 3 Nr. 66 EStG kann ein Erlass der Steuern auf einen Sanierungsgewinn aufgrund sachlicher Unbilligkeit nicht geltend gemacht werden, da die Steuerfreiheit eines der Personengesellschaft zuzurechnenden Sanierungsgewinns im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung geltend zu machen ist.

2. Die Korrektur eines in formeller Bestandskraft erwachsenen rechtswidrigen Grundlagenbescheids kann nicht über einen Erlass aus sachlicher Billigkeit erreicht werden, es sei denn, es war dem Steuerpflichtigen nicht möglich und zumutbar, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zur Wehr zu setzen.

 

Normenkette

AO § 227; EStG 1997 § 3 Nr. 66, § 52 Abs. 2i

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 03.11.2010; Aktenzeichen X B 101/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Erlass von Einkommensteuer 1997 sowie Zinsen zur Einkommensteuer 1997, 1998 und 1999 sowie von Säumniszuschlägen hat (§ 227 AbgabenordnungAO –).

Der Kläger ist selbständiger Steuerberater.

In den Jahren 1989 bis 1993 erwarb er zusammen mit X als Miteigentümer insgesamt 12 Immobilien, die zwischen 1992 und 1997 wieder veräußert wurden. Die aus den Immobilien erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden im Rahmen der Grundstücksgemeinschaft zwischen den beiden Miteigentümern erklärt und gesondert und einheitlich festgestellt (Steuernummer).

Der Kläger sowie X betrieben zudem eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschaftszweck die Unternehmensberatung und Buchführungsarbeiten umfasste. Im Rahmen einer Betriebsprüfung der GbR im Jahre 1995 stellte der Prüfer fest, dass die Tätigkeit der Grundstücksgemeinschaft als gewerblicher Grundstückshandel zu qualifizieren sei.

Das beklagte Finanzamt (Beklagter – FA –) lehnte jedoch mit negativem Feststellungsbescheid vom 10. Februar 1997 die Durchführung einer gesonderten und einheitlichen Feststellung für 1992 bis 1996 gegenüber der Grundstücksgemeinschaft ab. Im Namen der GbR X & Y erhoben der Kläger und Herr X hiergegen im Februar 1997 Einspruch und im September 1997 namens der Grundstücksgesellschaft X & Y (GsG) Untätigkeitsklage, die beim Finanzgericht unter dem Aktenzeichen (Az.) 4 K 285/97 geführt wurde.

In 1997 wurde die GsG zahlungsunfähig und zugleich überschuldet. Zum 31. Dezember 1997 gab die GsG ihren Betrieb auf.

Nach Verhandlungen mit den Gläubigern kam es zum Erlass folgender Verbindlichkeiten:

ausgesprochen am:

durch

02.10.1996

A-Bank, Erlass von

97.617,24 DM

19.11.1997

B-Bank, Erlass von

51.000,00 DM

20.09.2000

C-Bank, Erlass von

667.502,00 DM

08.02.2001

D-Bank, Erlass von

1.797.679,92 DM

Während des über sechs Jahre andauernden Klageverfahrens 4 K 285/97 ergingen zwei Einspruchsentscheidungen: eine für die Jahre 1992 bis 1996 (am 7. April 1999) und eine für 1997 (am 4. Februar 2004), die nach § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) a. F. zum Gegenstand des Verfahrens wurden. Die Parteien verhandelten ausführlich über die Frage, ob bzw. inwieweit aufgrund der Gläubigererlasse ein steuerfreier Sanierungsgewinn gemäß § 3 Nr. 66 Einkommensteuergesetz (EStG) anzunehmen ist. Die GsG vertrat die Ansicht, dass sämtliche Darlehenserlasse unter die Regelung des § 3 Nr. 66 EStG a. F. fielen. Diese Vorschrift sei letztmals auf Erhöhungen des Betriebsvermögens anzuwenden, die in dem Wirtschaftsjahr entstanden seien, das vor dem 1.1.1998 geendet habe. Die Erhöhung des Betriebsvermögens wirke für die Darlehenserlasse der D-Bank und der C-Bank auf den Aufgabezeitpunkt im Jahr 1997 zurück und erfülle damit die zeitliche Anwendung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Auch die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt gewesen.

Im Erörterungstermin vom 26. Februar 2004 erklärten die Beteiligten des damaligen Gerichtsverfahrens den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt, nachdem sich das FA verpflichtet hatte, ändernde Feststellungsbescheide für die Jahre 1992 bis 2000 zu erlassen und darin folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb der GsG festzustellen:

1992

./. 170.500 DM

1993

./. 69.631 DM

1994

./. 72.211 DM

1995

./. 307.467 DM

1996

./. 1.174.071 DM

1997

laufender Verlust:

/. 652.197 DM

Aufgabegewinn

2.465.181 DM

1998

13.570 DM

1999

4.889 DM

2000

0 DM

Der steuerpflichtige Aufgabegewinn in 1997 ergab sich aus dem Buchgewinn aufgrundder in 2000 und 2001 ausgesprochenen Darlehenserlasse.Das FA erließ am 5. März 2004 entsprechend geänderte Feststellungsbescheide für 1992 bis 2000. Diese wurden bestandskräftig.

Für 1997 berücksichtigte das FA letztlich den tarifbegünstigten Aufgabegewinn sowieden laufenden Verlust (gesondert und einheitlich festgestellt, s. o.) zu 50 % beim Klägerdurch Erlass des geänderten Einkommensteuerbescheids 1997 vom 30. März 2004, indem der Vorbehalt der ...

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