rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen bei Treuhandverhältnis. Schätzung von Kapitaleinkünften. Aussetzung des Besteuerungsverfahrens wegen anhängigem Billigkeitsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen beim Treugeber setzt voraus, dass der Treugeber das Risiko der Einkunftserzielung trägt. Nicht ausreichend ist insoweit, dass dem Treugeber das wirtschaftliche Ergebnis eines Rechtsgeschäfts zugute kommt.

2. Eine Schätzung verschwiegener Einkünfte aus Kapitalvermögen mit einem Betrag, der an der unteren Grenze des möglichen Schätzungsrahmens liegt, ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn über die tatsächliche Höhe der Einkünfte und des angelegten Kapitalvermögens keine vollständigen Unterlagen vorliegen.

3. Ob im Verhältnis von Steuerfestsetzungs- und Billigkeitsverfahren eine Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens besteht, ist noch nicht abschließend geklärt. Eine Pflicht zur Aussetzung des Verfahrens besteht aber jedenfalls dann nicht, wenn das Begehren einer abweichenden Festsetzung der Steuer nach § 163 AO 1977 offenkundig aussichtslos ist.

 

Normenkette

EStG 1997 § 20 Abs. 1 Nr. 7; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2, §§ 162-163; FGO § 74

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert wird festgesetzt für die Zeit

  • bis zum 30. November 2004 auf 191.825,48 Euro und
  • ab dem 30. November 2004 auf 204.064,77 Euro.
 

Tatbestand

Streitig ist, ob oder inwieweit der Vater des Klägers in den Veranlagungszeiträumen 1987 bis 1997 (Streitjahre) Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne von § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erzielt hatte.

Die am 17. Oktober 1954 in Spanien geschlossene Ehe der Eltern des Klägers wurde am 22. April 1985 geschieden. Zuvor hatten die Eltern den folgenden Vergleich geschlossen:

  1. „Die Parteien verzichten gegenseitig … auf Unterhalt, auch für den Fall der Not.
  2. Die Ehewohnung ist aufgegeben und der Hausrat ist verteilt. Jede Partei behält die Hausratsgegenstände, die sich gegenwärtig in ihrem Besitze befinden.
  3. Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass die auf dem Termingeldkonto Nr. … auf den Namen beider Parteien bei der N… Bank eG festgelegte Summe von 467.260,88 DM (Stand: 31.03.1985) zwischen den Parteien so verteilt wird, dass die Hälfte auf das Konto … (der Mutter des Klägers) übertragen wird und dass die andere Hälfte auf … (dem) Konto … (des Vaters des Klägers) allein verbleibt, wobei sich die Parteien … einig sind, dass danach über dieses Konto … (der Vater) allein verfügungsberechtigt ist und bleibt. Die übrige Vermögensauseinandersetzung der Parteien soll in diesem Verfahren nicht durchgeführt werden.”

Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Urteil des Amtsgerichts B vom 22. April 1985 2 F 38/85 und auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Amtsgerichts am 22. April 1985.

Zwischen dem 14. und 15. Oktober 1997 verstarb der Vater des Klägers in B. Der Kläger und seine Schwester sind „nach spanischem Recht” je zur Hälfte Erben geworden (Beschluss des Notariats B als Nachlassgericht vom 25. Februar 1998). Am 14. April 1998 erschienen der Kläger, seine Mutter und ein Bevollmächtigter seiner Schwester bei dem Notar in V (Spanien) und erklärten – ausweislich der Übersetzung aus dem Nachlassprotokoll, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird – u.a.:

„I. Ableben des Erblassers

… (Der Vater) war von … (der Mutter) geschieden und aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen … (der Kläger und seine Schwester), welche die einzigen Kinder des Erblassers sind.

… II. Letztwillige Verfügungen

Der Erblasser hat kein Testament hinterlassen … Laut Gesetz ist der Verstorbene von … (dem Kläger und seiner Schwester) – je zur Hälfte – beerbt worden.

III. Erbschaftsteuer

Bis jetzt wurde keine Erbschaftsteuer entrichtet …

… V. Vermögensverzeichnis – Schätzung

Bei Ableben des Erblassers ist folgendes Vermögen vorhanden:

Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft

… (verschiedene, näher bezeichnete Grundstücke).

Ausschließliche Güter

1. Guthaben … bei der …, Madrid … EINEMILLIONSECHSHUNDERTFÜNFUNDACHTZIGTAUSENDFÜNFHUNDERTVIERUNDSECHZIG DM …

2. Guthaben … bei der …, V … FÜNFHUNDERTSECHSZIGTAUSENDVIERHUNDERTSECHSUNDVIERZIG PESETEN …

… VI. Bestimmungen und Vereinbarungen

1. Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft: Der Nettowert des zur Errungenschaftsgemeinschaft gehörenden Vermögens ist der Betrag von 26.070.000 Ptas. Wegen der Auflösung der Errungenschaftsgemeinschaft steht … (der Mutter des Klägers) der Betrag von 13.035.000 Ptas zu. Die andere Hälfte fällt in die Erbmasse.

2. Auseinandersetzung der Erbmasse: Der Nettowert der Erbmasse bzw. des Vorbehaltsguts und des hälftigen Anteils der Errungenschaftsgemeinschaft ist der Betrag von 155.563.752 Ptas. Wegen ihrer jeweiligen Anteile an dem Nachlass steht jedem Erben ein Betrag von 77.781.876 Ptas zu …”

Der am 17. Februar 1927 in V geborene Vater ...

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