rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Außergewöhnliche Belastungen: kein verfassungsrechtlicher Anspruch nicht beihilfeberechtigter Personen auf den Abzug beihilfefähiger Krankheitskosten ohne Abzug einer zumutbaren Belastung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gegen den Ansatz einer zumutbaren Belastung, wie ihn § 33 Abs. 3 EStG vorsieht, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BFH, Urteil v. 2.9.2015, VI R 32/13).

2. Auch Krankheitskosten, die bei Beamten beihilfefähig wären (im Streitfall: Kosten für Zahnimplantat und Brille), können bei anderen Steuerpflichtigen nicht ohne Kürzung um die zumutbare Belastung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden; insoweit liegt keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern gegenüber Beamten in Form eines gleichheitswidrigen Begünstigungsausschlusses vor und ist daher eine von den geltenden Vorschriften des § 33 Abs. 1 und Abs. 3 EStG abweichende Berücksichtigung der beihilfefähigen Aufwendungen verfassungsrechtlich nicht geboten.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1, 3, § 3 Nr. 11; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.09.2021; Aktenzeichen VI R 18/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigung von Krankheitskosten im Rahmen des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG).

Der verheiratete Kläger reichte am 16. Februar 2015 gemeinsam mit seiner Ehefrau die Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2013 bei dem Beklagten (dem Finanzamt –FA–) ein. Das FA entsprach seinen Angaben im Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 1. Juli 2015 im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen (vgl. Erläuterungen zum Bescheid). Nach Abzug der zumutbaren Belastung von 3.922 EUR blieben die Krankheitskosten von 1.214 EUR ohne Auswirkung auf die Steuerfestsetzung. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 27. Juli 2015 mit Schreiben vom 26. Juli 2015 Einspruch ein, den er mit Schreiben vom 10. September 2015 ergänzte. Er beantragte die Berücksichtigung eines Betrags von zusammen 1.337 EUR (statt den bisher geltend gemachten 1.214 EUR) als außergewöhnliche Belastung bei der Steuerfestsetzung. Eine Kürzung um eine zumutbare Belastung habe nicht zu erfolgen. Zur Begründung trägt er vor, eine undifferenzierte Berücksichtigung von beihilfefähigen und nicht-beihilfefähigen Krankheitskosten unter Abzug der von § 33 EStG vorgesehenen zumutbaren Belastung verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Der Kläger errechnet aus seinen Aufwendungen für ein Zahnimplantat in Höhe von 2.071,76 EUR und seinen Aufwendungen für eine Sehhilfe in Höhe von 169 EUR seine „beihilfefähigen Aufwendungen” von 1.337 EUR. Dabei geht er von einem Beihilfesatz von 70 % aus und zieht die Kostendämpfungspauschale ab. Bei den Kosten des Brillengestells berücksichtigt der Kläger den Höchstbetrag für Brillengestelle gem. Tz. 2 der „Information zur Beihilfefähigkeit von Seehilfen” des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg. Zur Berechnung des Betrages wird auf die Klagebegründung des Klägers Bezug genommen (Bl. 5 der Finanzgerichtsakte).

Mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom 16. Dezember 2015 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 2 AO auf. Mit Einspruchsentscheidung vom 29. März 2016 wies das FA den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 22. April 2016 beim Finanzgericht Baden-Württemberg Klage erhoben. Zur Begründung der Klage trägt er vor, dass § 33 EStG bei beihilfefähigen Aufwendungen, die das sozialversicherungsrechtliche Leistungsniveau übersteigen, eine steuerliche Belastungsgleichheit mit Beamten (§ 3 Nr. 11 EStG) nicht gewährleiste. Es liege ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss vor. Die Aufwendungen für ein Zahnimplantat und eine Sehhilfe führten als beihilfefähiger Aufwand bei Finanzbeamten und Finanzrichtern in Baden-Württemberg zu steuerfreien Einnahmen ohne dass eine zumutbare Belastung in Abzug gebracht werde. Der Sachverhalt sei nicht mit dem des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 2017 (VI R 75/14, Sammlung der amtlich veröffentlichten Entscheidungen des BFH –BFHE– 256, 339, Bundessteuerblatt –BStBl– II 2017, 684) vergleichbar, da der Streitfall im Gegensatz zu dem von dem BFH entschiedenen Fall beihilfefähige Aufwendungen betreffe.

Der Kläger beantragt,

den geänderten Einkommensteuerbescheid 2013 vom 16. Dezember 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. März 2016 dahingehend zu ändern, dass zusätzlich außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 1.337 EUR berücksichtigt werden, ohne dass eine zumutbare Belastung in Abzug gebracht wird,

hilfsweise die Revision zuzulassen. Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor, es liege bei der Berechnung der zumutbaren Belastung keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Beamten gegenüber Arbeitnehmern ...

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