Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berechtigung eines Vermögensberaters zur Bildung einer Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes für die Betreuung bereits abgeschlossener Versicherungsverträge im Falle der Unabhängigkeit der Abschlussprovisionen von künftigen Betreuungsleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Stehen einem im Rahmen eines Strukturvertriebs selbständig u.a. mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen beschäftigten „Vermögensberater” die Abschlussprovisionen nach den vertraglichen Vereinbarungen mit seinem Auftraggeber bereits aufgrund der Vermittlung (des Zustandekommens) der Versicherungsverträge zu, hängen die Abschlussprovisionen nur davon ab, dass die vereinbarten Prämien von den Versicherungsnehmern mindestens für die Dauer der vertraglich festgelegten Haftungszeiten entrichtet werden, und ist die weitere Kundenbetreuung nur Bedingung für den Erhalt weiterer Provisionen, z.B. bei späterer Erhöhung der Versicherungssummen, so ist der Vermögensberater nicht berechtigt, für die Verpflichtung zur künftigen Betreuung bereits abgeschlossener Versicherungsverträge eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstandes zu bilden.

2. Ein Erfüllungsrückstand des Vermögensberaters wäre dann anzunehmen, wenn mit dem Auftraggeber vereinbart worden wäre, dass der Vermögensberater als Gegenleistung für die an ihn ausgezahlten Abschlussprovisionen neben der reinen Vermittlungsleistung weitere, im Interesse des Versicherers oder des Auftraggebers liegende Leistungen zu erbringen hat.

3. Wird der Vermögensberater von seinen Auftraggebern zu „Besuchsfahrten” bei Kunden aufgefordert, die ihre Versicherungsprämien nicht bezahlt haben, so lässt sich daraus eine Verpflichtung zur Erbringung von Betreuungsleistungen in Bezug auf in der Vergangenheit vermittelte Versicherungsverträge nicht ableiten. Vor dem Hintergrund, dass dem Vermögensberaters in diesem Fall u.a. auch eine Stornierung bereits vereinbarter Abschlussprovisionen drohen kann, ist davon auszugehen, dass er bei der Durchführung von „Besuchsaufträgen” in seinem eigenen betrieblichen Interesse handelt.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.12.2009; Aktenzeichen X R 41/07)

BFH (Urteil vom 09.12.2009; Aktenzeichen X R 41/07)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger (Kl) in den Bilanzen zum 31. Dezember 2001 und 31. Dezember 2002 Rückstellungen für eine Verpflichtung zur künftigen Betreuung bereits abgeschlossener Versicherungsverträge bilden kann.

Die Kl sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer(ESt) veranlagt werden. Der Kl ist aufgrund eines am 15. März 2000 abgeschlossenen Vermögensberater-Vertrages (Bl. 74 ff. der Finanzgerichts(FG)-Akten) für die (nachfolgend: X-AG) als „Handelsvertreter im Hauptberuf in der Stufe Direktionsleiter” tätig. Nach Abs. 1 des genannten Vertrages ist der Kl berechtigt, diese Tätigkeit im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auszuüben, und zwar „nach seiner freien Wahl entweder in der Weise, dass er abweichend von § 84 III Handelsgesetzbuch (HGB) neue Vermögensberater oder Vertrauensleute mit vertraglicher Bindung nur an die Gesellschaft gewinnt, schult und führt und seine Vermittlungserfolge durch Einsatz dieses Stammes von Vermögensberatern der Gesellschaft optimiert, oder aber indem er in Person Kunden berät und ihnen die Produkte der Gesellschaft vermittelt (Vermögensberater-Praxis), wobei er berechtigt ist, diese beiden Formen der Vermittlungstätigkeit nicht nur alternativ, sondern auch nebeneinander zu praktizieren”.

Abs. IV des Vermögensberater-Vertrages sieht für die Vermittlungstätigkeit des Kl eine ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung in Form von Provisionen i.S.d. § 92 HGB vor, deren Höhe sich u.a. danach richtet, ob der Vermittlungserfolg auf eine unmittelbare Tätigkeit des Kl beim Kunden zurückgeht (Eigenumsatz) oder ob dieser unter Einbezug von Untervertretern einer Gruppe zustande gekommen ist (Gruppenumsatz). Im Anschluss an die Regelungen über die Höhe der Provisionen enthält der Vermögensberater-Vertrag in Abs. IV die folgende Bestimmung:

„Für einen jeden vermittelten Vertrag wird als Gegenleistung dieser Vermittlungstätigkeit eine einmalige Abschlussprovision gewährt. Alle etwaigen weiteren aus diesem Abschluss folgenden Provisionen, auch bei Summenerhöhungen, setzen eine nachhaltige Kundenbetreuung voraus (Kunden-Betreuungsprovision).”

Wegen der Berechnung der Provisionen im Einzelnen wird im Vermögensberater-Vertrag auf „Provisionsbedingungen” (Anlage A zum Vermögensberater-Vertrag; Bl. 85 ff. der FG-Akten) Bezug genommen, die u.a. die folgende Bestimmung enthalten:

„Der Vermögensberater enthält für seine Tätigkeit Provision entsprechend seiner Provisionsstufe. Die zunächst anfallende Provision ist die Gegenleistung für die Vermittlung des Abschlusses. Alle etwaigen weiteren Provisionszahlungen setzen eine nachhaltige Kundenbetreuung voraus....

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