rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ernstliche Zweifel an der Hinzurechnungsbesteuerung bei Drittstaaten

 

Leitsatz (redaktionell)

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG im Fall von Drittstaaten, da höchstrichterlich nicht geklärt ist, ob diese mit den Grundfreiheiten des Unionsrechts zu vereinbaren ist.

 

Normenkette

AStG §§ 18, 7, 8 Abs. 2, § 21; AEUV Art. 49, 54, 63; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Tenor

1. Die Vollziehung der Feststellungsbescheide für die Feststellungsjahre 2003 und 2004 vom 28. September 2012, für die Feststellungsjahre 2005 bis 2009 vom 13. August 2012 und für die Feststellungsjahre 2010 und 2011 vom 29. Oktober 2012 wird bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ohne weitere Sicherheitsleistung ausgesetzt.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Beschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung betrifft Feststellungsbescheide zur Hinzurechnungsbesteuerung für die Jahre 2003 bis 2011 nach § 18 in Verbindung mit den §§ 7 ff. des Außensteuergesetzes (AStG) in der jeweils maßgeblichen Fassung (vgl. zur zeitlichen Anwendung § 21 AStG).

Der in X bei Y wohnende, im Jahr 1952 geborene Antragsteller hatte auch in den Streitjahren einen inländischen Wohnsitz. Er hielt und hält die Anteile an der M AG (vgl. www… und Gerichtsakte Bl. 226 ff.), einer Kapitalgesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in der Schweiz (ursprünglich Z, seit 2013 W, vgl. Internet-Auszüge der Handelsregister der Kantone W und Z, Bl. 230 ff., vgl. Mietverträge Bl. 125 ff., 137 ff.). Im Rahmen einer Sachgründung hatte der Antragsteller im Dezember 2000 sein im Jahr 1999 gegründetes schweizerisches Einzelunternehmen (M, Handelsregisterauszug Bl. 163) in die neue Aktiengesellschaft eingebracht (vgl. Vertragsakte Bl. 1 ff.). Das Aktienkapital beträgt 100.000 CHF. Der Zweck der Gesellschaft wird mit „Suche und Vermittlung sowie Planung, Verkauf, Vermietung und Verwaltung sowie Erwerb von Grundstücken und Liegenschaften; Beteiligungen” beschrieben. Ausweislich des Handelsregisters war und ist der Antragsteller Geschäftsführer der M AG mit Einzelzeichnungsbefugnis (vgl. Anstellungsvertrag, Vertragsakte Bl. 15 ff.). Im Hinblick auf die Bilanzen und Erfolgsrechnungen der M AG für die Wirtschaftsjahre 2002 bis 2010 wird auf Bl. 144 ff. der Gerichtsakte sowie auf die Bilanzakte des Antragsgegners (des Finanzamts) verwiesen. Die von der Gesellschaft an ihre Kunden in diesen Jahren berechneten Provisionen sind aus Bl. 42 ff., 87 ff. der Gerichtsakte ersichtlich (zusammenfassende Auflistung Bl. 87).

Im Anschluss an eine Steuerfahndungsprüfung des Finanzamts A (Kurzbericht vom 30. August 2011 siehe Akte „Steufa A”, Bl. 179 ff.) kam es zwischen den Beteiligten, der Ehefrau des Antragstellers sowie den Finanzämtern Y und A im Jahr 2012 zu einer tatsächlichen Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen. Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt für die Jahre 2003 bis 2008 geänderte Bescheide über die gesonderte Feststellung nach § 18 AStG; wegen aller Einzelheiten wird auf Bl. 235 ff. der Gerichtsakte verwiesen (vgl. Bl. 156 ff. der Akte Feststellung AStG). Bezüglich der Feststellungsbescheide nach § 18 AStG für die Jahre 2009 bis 2011 wird auf Bl. 265 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen (vgl. zu den vom Finanzamt festgestellten Hinzurechnungsbeträgen die Auflistung in dessen Streitwertberechnung, Rechtbehelfsakte Bl. 151). Ausdrücklich zugelassen wurde in der tatsächlichen Verständigung „ein Rechtsbehelf zur Klärung der Frage der Anwendung des Motivtests des § 8 Abs. 2 AStG im Verhältnis zur Schweiz”. Über die darauf abzielenden Einsprüche des Antragstellers, welche die Feststellungsjahre 2003 bis 2011 betreffen, hat das Finanzamt bislang noch nicht entschieden.

Die vom Antragsteller beantragte Aussetzung der Vollziehung (vgl. Rechtsbehelfsakte Bl. 13 ff., 18) lehnte das Finanzamt ab (Rechtsbehelfsakte Bl. 47 f.). Durch Einspruchsentscheidung vom 28. November 2013 (Gerichtsakte Bl. 8 f.) wies das Finanzamt den diesbezüglichen Einspruch des Antragstellers als unbegründet zurück.

Mit seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzgericht (FG) beruft sich der Antragsteller auf ernstliche Zweifel in unionsrechtlicher, abkommens- und verfassungsrechtlicher Hinsicht sowie auf das Vorliegen einer unbilligen Härte.

Bei der nicht missbräuchlichen Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit in der Schweiz sei ernstlich zweifelhaft, ob die Hinzurechnungsbesteuerung gemäß §§ 7 ff. AStG auch im Fall der Erfüllung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 AStG Anwendung finden könne. Der Antragsteller macht geltend, bei Ausübung derselben Tätigkeit in einem niedrig besteuerten Staat der Europäischen Union (EU) wäre die Hinzurechnungsbesteuerung nicht anwendbar, da die Ausübung der vorliegend gegebenen tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Folge hätte, dass der Gegenbeweis (sog. Motivtest) als erbracht anzusehen wäre. Die M A...

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