Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, unentgeltliche Wertabgabe, Steuerbefreiung, Grundstücksvermietung, Privatnutzung eines Grundstücksteils durch den Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, Gleichstellung einer Kapitalgesellschaft mit einem Einzelunternehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a und Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der ‐ obgleich die Merkmale einer Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. b nicht erfüllt sind ‐ die Verwendung eines Teils eines von einer steuerpflichtigen juristischen Person errichteten oder aufgrund eines dinglichen Rechts an einer unbeweglichen Sache in ihrem Besitz stehenden Gebäudes für den privaten Bedarf des Personals dieser Steuerpflichtigen als eine nach der letztgenannten Vorschrift von der Mehrwertsteuer befreite Dienstleistung behandelt wird, wenn dieser Gegenstand zum Vorsteuerabzug berechtigt hat.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens davon ausgegangen werden kann, dass eine Vermietung eines Grundstücks im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. b vorliegt.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 2 Buchst. a, Art. 13 Teil B Buchst. b

 

Beteiligte

BLM

État Belge

BLM SA

 

Verfahrensgang

Cour d' appel de Mons (Belgien) (Urteil vom 08.09.2010; ABl. EU 2010, Nr. C 328/22)

 

Tatbestand

„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a und Art. 13 Teil B Buchst. b ‐ Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Investitionsgut, das einem Steuerpflichtigen, der eine juristische Person ist, gehört und seinem Personal für dessen privaten Bedarf zur Verfügung gestellt wird“

In der Rechtssache C-436/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV, eingereicht von der Cour d’appel de Mons (Belgien) mit Entscheidung vom 8. September 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 13. September 2010, in dem Verfahren

État belge

gegen

BLM SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan, des Richters J.-J. Kasel (Berichterstatter) und der Richterin M. Berger,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der BLM SA, vertreten durch O. D’Aout, avocat,

‐ der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux und M. Jacobs als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und C. Blaschke als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Stromsky, D. Recchia und C. Soulay als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a und Art. 13 Teil B Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10. April 1995 (ABl. L 102, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem État belge und der BLM SA (im Folgenden: BLM), einer Gesellschaft belgischen Rechts, über den Abzug der Vorsteuer, die für ein Gebäude entrichtet wurde, das zum Teil für den privaten Bedarf des Personals dieser Gesellschaft verwendet wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 5 und 6 der Sechsten Richtlinie lauten:

„Die Begriffsbestimmung des Steuerpflichtigen ist in der Weise genauer zu fassen, dass darin auch, um eine bessere Steuerneutralität zu gewährleisten, den Mitgliedstaaten gestattet wird, die Personen einzubeziehen, die gelegentliche Umsätze bewirken.

Die Begriffsbestimmung des steuerbaren Umsatzes hat insbesondere hinsichtlich der diesem Umsatz gleichgestellten Umsätze Schwierigkeiten verursacht; es muss deshalb eine genauere Definition für diese Begriffe gegeben werden.“

Rz. 4

Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie bestimmt:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“.

Rz. 5

Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie lautet:

„Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis....

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