Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gemeinsames Mehrwertsteuersystem. Begriff ‚Gutschein’. Begriff ‚Mehrzweck-Gutschein’. Verkauf einer Karte, die ihren Inhaber berechtigt, während einer begrenzten Dauer mehrere touristische Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 30a

 

Beteiligte

DSAB Destination Stockholm

Skatteverket

DSAB Destination Stockholm AB

 

Verfahrensgang

Högsta förvaltningsdomstol (Schweden) (Beschluss vom 18.11.2020; ABl. EU 2021, Nr. C 53/24)

 

Tenor

Art. 30a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates vom 27. Juni 2016 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass ein Instrument, das seinen Inhaber berechtigt, verschiedene Dienstleistungen an einem bestimmten Ort während eines begrenzten Zeitraums und bis zu einem bestimmten Wert in Anspruch zu nehmen, einen „Gutschein” im Sinne von Art. 30a Nr. 1 dieser Richtlinie darstellen kann, auch wenn ein Durchschnittsverbraucher aufgrund der begrenzten Gültigkeitsdauer dieses Instruments nicht alle angebotenen Dienstleistungen in Anspruch nehmen kann. Dieses Instrument stellt einen „Mehrzweck-Gutschein” im Sinne von Art. 30a Nr. 3 dieser Richtlinie dar, da die auf diese Dienstleistungen geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt seiner Ausstellung nicht feststeht.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta förvaltningsdomstol (Oberstes Verwaltungsgericht, Schweden) mit Entscheidung vom 18. November 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 25. November 2020, in dem Verfahren

Skatteverket

gegen

DSAB Destination Stockholm AB

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Richterin I. Ziemele sowie der Richter T. von Danwitz (Berichterstatter), P. G. Xuereb und A. Kumin,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Skatteverk, vertreten durch A.-S. Pallasdies als Bevollmächtigte,
  • der DSAB Destination Stockholm AB, vertreten durch U. Grefberg und M. Fri, Advokat,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri und A. Maddalo als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Jokubauskaite und P. Carlin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. Februar 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 30a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie (EU) 2016/1065 des Rates vom 27. Juni 2016 (ABl. 2016, L 177, S. 9) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Skatteverk (Finanzbehörde, Schweden) und der DSAB Destination Stockholm AB (im Folgenden: DSAB) über die steuerliche Behandlung eines Instruments, das von DSAB in Form einer als „Citycard” bezeichneten Karte vertrieben wird (im Folgenden: im Ausgangsverfahren in Rede stehende Karte).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Mehrwertsteuerrichtlinie

Rz. 3

Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt, der Mehrwertsteuer.

Rz. 4

Art. 30a der Mehrwertsteuerrichtlinie bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

  1. ‚Gutschein’ ist ein Instrument, bei dem die Verpflichtung besteht, es als Gegenleistung oder Teil einer solchen für eine Lieferung von Gegenständen oder eine Erbringung von Dienstleistungen anzunehmen und bei dem die zu liefernden Gegenstände oder zu erbringenden Dienstleistungen oder die Identität der möglichen Lieferer oder Dienstleistungserbringer entweder auf dem Instrument selbst oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich der Bedingungen für die Nutzung dieses Instruments, angegeben sind;
  2. ‚Einzweck-Gutschein’ ist ein Gutschein, bei dem der Ort der Lieferung der Gegenstände oder der Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht, und die für diese Gegenstände oder Dienstleistungen geschuldete Mehrwertsteuer zum Zeitpunkt der Ausstellung des Gutscheins feststehen;
  3. ‚Mehrzweck-Gutschein’ ist ein Gutschein, bei dem es sich nicht um einen Einzweck-Gutschein handelt.”

Rz. 5

Art. 30b der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht vor:

„(1) Jede Übertragung eines Einzweck-Gutscheins durch einen Steuerpflichtigen, der im eigenen Namen handelt, gilt als eine Lieferung der Gegenstände oder Erbringung der Dienstleistungen, auf die sich der Gutschein bezieht. Die tatsächliche Übergabe der Gegenstände oder die tatsächliche Erbringung der Dienstleistungen, für die ein Einzweck- Gutschein als Gegenleistung oder Teil einer solchen von dem Lieferer oder Dienstleistungserbringer ...

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