Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollkodex, Einfuhrabgabenerstattung, zolltarifliche Abgabenbegünstigung, Echtheitszeugnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einfuhrabgaben können nicht nach Artikel 236 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften erstattet werden, wenn der Anmelder nach Annahme einer vollständigen Anmeldung durch die zuständige Zollbehörde und Überführung der angemeldeten Ware in den zollrechtlich freien Verkehr ein Echtheitszeugnis vorlegt, aufgrund dessen, wäre es zusammen mit der Ware vorgelegt worden, für die Ware ein Anspruch auf zolltarifliche Abgabenbegünstigung bestanden hätte.

2. Der bloße Umstand, dass eine Erstattung oder ein Erlass von Abgaben nach Artikel 236 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2913/92 ausscheidet, weil eine gesetzliche Voraussetzung für diese Erstattung oder diesen Erlass nicht erfüllt ist, steht einer Erstattung oder einem Erlass dieser Abgaben aufgrund von Artikel 239 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2913/92 in Verbindung mit Artikel 905 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1676/96 der Kommission vom 30. Juli 1996 nicht entgegen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Bestimmungen erfüllt sind.

Auf einen besonderen Fall …, der sich aus Umständen ergibt, bei denen weder eine betrügerische Absicht noch eine offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, im Sinne von Artikel 905 Absatz 1 der Durchführungsverordnung kann geschlossen werden, wenn im Licht des an der Billigkeit ausgerichteten Regelungszwecks des Artikels 239 des Zollkodex Umstände festgestellt werden, aufgrund deren sich der Antragsteller in einer Lage befinden kann, die gegenüber derjenigen anderer Wirtschaftsteilnehmer, die die gleiche Tätigkeit ausüben, außergewöhnlichist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand dieses Kriteriums zu beurteilen, ob Umstände vorliegen, die auf einen solchen besonderen Fall schließen lassen, so dass eine Prüfung des Vorgangs durch die Kommission erforderlich ist.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 236 Abs. 1, Art. 239 Abs. 1; EWGV 2454/93 Art. 905 Abs. 1

 

Beteiligte

Bacardi

Bacardi GmbH

Hauptzollamt Bremerhaven

 

Verfahrensgang

FG Bremen (Beschluss vom 01.06.1999; Aktenzeichen 297268K 2)

 

Tatbestand

Zollkodex der Gemeinschaften und Durchführungsverordnung - Erstattung von Einfuhrabgaben - Zolltarifliche Abgabenbegünstigung - Nachträgliche Vorlage eines Echtheitszeugnisses - Änderung der in der Zollanmeldung angegebenen zolltariflichen Einreihung - Begriff des besonderen Falles

In der Rechtssache C-253/99

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Finanzgericht Bremen (Deutschland) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Bacardi GmbH

gegen

Hauptzollamt Bremerhaven,

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 236 und 239 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1) und des Artikels 905 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1676/96 der Kommission vom 30. Juli 1996 (ABl. L 218, S. 1)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Gulmann sowie der Richter J.-P. Puissochet und R. Schintgen (Berichterstatter) und der Richterinnen F. Macken und N. Colneric,

Generalanwalt: F. G. Jacobs

Kanzler: H. A. Rühl, Hauptverwaltungsrat

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

- der Bacardi GmbH, vertreten durch Diplom-Finanzwirt H. Wrobel und Rechtsanwältin F. Boulanger,

- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. C. Schieferer als Bevollmächtigten,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Bacardi GmbH, vertreten durch H. Wrobel und F. Boulanger sowie Rechtsanwalt J. Lüdicke und der Kommission, vertreten durch J. C. Schieferer, in der Sitzung vom 23. November 2000,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Januar 2001,

folgendes

Urteil

1. Das Finanzgericht Bremen hat mit Beschluss vom 1. Juni 1999, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Juli 1999, gemäß Artikel 234 EG zwei Fragen nach der Auslegung der Artikel 236 und 239 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Ratesvom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, nachstehend: Zollkodex) und des Artikels 905 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1) in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1676/96 der Kommission vom 30. Juli 1996 (ABl. L 218, S. 1, nachstehend: Durchführungsverordnung) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwische...

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