Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug, Rechnungsangaben, Bezeichnung der Leistung in der Rechnung, Zweifel an der Existenz eines Eingangsumsatzes, Gutglaubensschutz

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Verwaltung, die einem steuerpflichtigen Rechnungsempfänger das Recht auf Abzug der auf der Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer versagt, nur nachweisen muss, dass die der Rechnung entsprechenden Umsätze tatsächlich nicht bewirkt wurden.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 17

 

Beteiligte

SGI

Valériane SNC

Ministre de lAction et des Comptes publics

 

Verfahrensgang

Conseil d'Etat (Frankreich) (Beschluss vom 21.07.2017; ABl. EU 2017, Nr. C 347/12)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem ‐ Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Materielle Voraussetzungen für das Recht auf Vorsteuerabzug ‐ Tatsächliche Lieferung der Gegenstände“

In den verbundenen Rechtssachen C-459/17 und C-460/17

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’ État (Staatsrat, Frankreich) mit Entscheidungen vom 21. Juli 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Juli 2017, in den Verfahren

SGI (C-459/17) und

Valériane SNC (C-460/17)

gegen

Ministre de l’Action et des Comptes publics

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. G. Fernlund (Berichterstatter) sowie der Richter J.-C. Bonichot und E. Regan,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ von SGI und Valériane, vertreten durch L. Boré, avocat,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch D. Colas, E. de Moustier und A. Alidière als Bevollmächtigte,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Gossement und J. Jokubauskaite als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 (ABl. 1991, L 376, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen SGI (C-459/17) bzw. der Valériane SNC (C-460/17) gegen den Ministre de l’Action et des Comptes publics (Minister für den öffentlichen Dienst und den Haushalt, Frankreich) wegen des Rechts auf Abzug der Mehrwertsteuer auf den Erwerb von Investitionsgütern.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 2 der Sechsten Richtlinie lautet:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

2. die Einfuhr von Gegenständen.“

Rz. 4

In Art. 3 der Sechsten Richtlinie heißt es:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie ist zu verstehen unter

‐ Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats das Inland, wie es für jeden Mitgliedstaat in den Absätzen 2 und 3 definiert ist;

‐ Gemeinschaft und Gebiet der Gemeinschaf‘ das Inland der Mitgliedstaaten, wie es für jeden Mitgliedstaat in den Absätzen 2 und 3 definiert ist;

(2) Für die Anwendung dieser Richtlinie ist unter ‚Inland‘ der Anwendungsbereich des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen, wie er in Artikel 227 für jeden Mitgliedstaat definiert ist.

(3) Folgende Hoheitsgebiete gelten nicht als Inland

‐ Französische Republik:

die überseeischen Departements;

…“

Rz. 5

Nach Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie „[gilt a]ls Lieferung eines Gegenstands … die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen“.

Rz. 6

In Art. 10 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie heißt es:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie gilt als

a) Steuertatbestand: der Tatbestand, durch den die gesetzlichen Voraussetzungen für den Steueranspruch verwirklicht werden;

b) Steueranspruch: der Anspruch, den der Fiskus nach dem Gesetz gegenüber dem Steuerschuldner von einem bestimmten Zeitpunkt ab auf die Zahlung der Steuer geltend machen kann, selbst wenn Zahlungsaufschub gewährt werden kann.

(2) Der Steuertatbestand und der Steueranspruch treten zu dem Zeitpunkt ein, zu dem die Lieferung des Gegenstands oder die Dienstleistung bewirkt wird. …

…“

Rz. 7

In Art. 17 Abs. 1 und 2 der Sechsten Richtlinie he...

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