Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung für Gewinne aus der entgeltlichen Veräußerung zu eigenen Wohnzwecken genutzter Immobilien darf nicht davon abhängen, dass die erzielten Gewinne in den Erwerb von in Portugal gelegenen Immobilien reinvestiert werden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 18 EG, 39 EG und 43 EG sowie aus den Artikeln 28 und 31 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 verstoßen, dass sie Steuervorschriften wie Artikel 10 Absatz 5 des Código do Imposto sobre o Rendimento das Pessoas Singulares beibehalten hat, in denen die Steuerbefreiung für Gewinne aus der entgeltlichen Veräußerung von Immobilien, die dem Steuerpflichtigen oder Angehörigen seines Haushalts dauerhaft zu eigenen Wohnzwecken dienen sollen, davon abhängig gemacht wird, dass die erzielten Gewinne in den Erwerb von in Portugal gelegenen Immobilien reinvestiert werden.

2. Die Republik Portugal trägt die Kosten.

 

Normenkette

EGVtr Art. 18, 39, 43; EWR-Abk Art. 28; EWR-Abk Art. 31

 

Beteiligte

Kommission / Portugal

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Portugiesische Republik

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Steuerrecht ‐ Voraussetzungen für die Steuerbefreiung für Gewinne aus der entgeltlichen Veräußerung von Immobilien ‐ Artikel 18 EG, 39 EG und 43 EG ‐ Artikel 28 und 31 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ‐ Kohärenz des Steuersystems ‐ Wohnungspolitik“

In der Rechtssache C-345/05

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 21. September 2005,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und M. Afonso als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes und J. Menezes Leitão als Bevollmächtigte,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richter R. Schintgen, P. Kũris, G. Arestis (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: P. Léger,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2006,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 18 EG, 39 EG, 43 EG und 56 Absatz 1 EG sowie den Artikeln 28, 31 und 40 des Abkommens vom 2. Mai 1992 über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass sie die Steuervorschriften beibehalten hat, in denen die Steuerbefreiung für Gewinne aus der entgeltlichen Veräußerung von Immobilien, die dem Steuerpflichtigen oder Angehörigen seines Haushalts dauerhaft zu eigenen Wohnzwecken dienen sollen, davon abhängig gemacht wird, dass die erzielten Gewinne in den Erwerb von in Portugal gelegenen Immobilien reinvestiert werden.

Rechtlicher Rahmen

EWR-Abkommen

2

Artikel 6 des EWR-Abkommens sieht vor:

„Unbeschadet der künftigen Entwicklungen der Rechtsprechung werden die Bestimmungen dieses Abkommens, soweit sie mit den entsprechenden Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sowie der aufgrund dieser beiden Verträge erlassenen Rechtsakte in ihrem wesentlichen Gehalt identisch sind, bei ihrer Durchführung und Anwendung im Einklang mit den einschlägigen Entscheidungen ausgelegt, die der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens erlassen hat.“

3

Artikel 28 des EWR-Abkommens bestimmt:

„(1) Zwischen den EG-Mitgliedstaaten [den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft] und den EFTA-Staaten [den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation] wird die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hergestellt.

(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.

(3) Sie gibt ‐ vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen ‐ den Arbeitnehmern das Recht,

a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;

b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der EG-Mitgliedstaaten und der EFTA-Staaten frei zu bewegen;

c) sich im Hoheitsgebiet eines EG-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;

d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines EG-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates zu verbleiben.

…“

4

Artikel 31 Absatz 1 des EWR-Abkommens...

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