Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung für Pooling-Leistungen im Finanzdienstleistungssektor

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 132 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung nur die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen erfasst, deren Mitglieder eine in Art. 132 dieser Richtlinie genannte dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit ausüben, und dass daher die Dienstleistungen, die von einem Zusammenschluss erbracht werden, dessen Mitglieder eine wirtschaftliche Tätigkeit im Finanzdienstleistungsbereich ausüben, die keine solche dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit darstellt, nicht unter diese Steuerbefreiung fallen.

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. f

 

Beteiligte

DNB Banka

DNB Banka AS

Valsts ienemumu dienests

 

Verfahrensgang

Administrativa apgabaltiesa (Lettland) (Beschluss vom 09.06.2015; Abl.EU 2015, Nr. C 311/26)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerrecht ‐ Mehrwertsteuer ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Art. 132 Abs. 1 Buchst. f ‐ Steuerbefreiungen für bestimmte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten ‐ Steuerbefreiung für Dienstleistungen selbständiger Zusammenschlüsse von Personen an ihre Mitglieder ‐ Anwendbarkeit im Finanzdienstleistungsbereich“

In der Rechtssache C-326/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Administratīvā apgabaltiesa (regionales Verwaltungsgericht, Lettland) mit Entscheidung vom 9. Juni 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Juli 2015, in dem Verfahren

„DNB Banka“ AS

gegen

Valsts ieņēmumu dienests

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter E. Juhász und C. Vajda (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. Juni 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der „DNB Banka“ AS, vertreten durch M. Kairovs, J. Teteris und I. Sloka,

‐ der lettischen Regierung, vertreten durch A. Bogdanova, I. Kucina, D. Pelše und I. Kalniņš als Bevollmächtigte,

‐ der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Nasopoulou und A. Dimitrakopoulou als Bevollmächtigte,

‐ der luxemburgischen Regierung, vertreten durch D. Holderer als Bevollmächtigte im Beistand von F. Kremer und P.-E. Partsch, avocats,

‐ der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,

‐ der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, B. Majerczyk-Graczykowska und K. Maćkowska als Bevollmächtigte,

‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes und R. Campos Laires als Bevollmächtigte,

‐ der Regierung des Vereinigten Königreichs, zunächst vertreten durch S. Simmons, dann durch C. R. Brodie und M. D. Robertson als Bevollmächtigte im Beistand von O. Thomas, QC,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Owsiany-Hornung und A. Sauka als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 1. März 2017

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „DNB Banka“ AS und der Valsts ieņēmumu dienests (Finanzverwaltung, Lettland) (im Folgenden: VID) wegen deren Ablehnung des Antrags der DNB Banka auf Berichtigung ihrer Mehrwertsteuererklärung.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Sechste Richtlinie 77/388/EWG

Rz. 3

Die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie) wurde durch die Richtlinie 2006/112 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben und ersetzt. Art. 13 der Sechsten Richtlinie bestimmte:

„A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten

(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

f) die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist, oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgese...

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