Entscheidungsstichwort (Thema)

Fusionsrichtlinie, Betriebsfusion, Körperschaftsteuerbefreiung, Immobilienverkehrsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, ist dahin auszulegen, dass die in dieser Richtlinie vorgesehenen Vergünstigungen einem Steuerpflichtigen, der geplant hat, mittels einer eine Betriebsfusion umfassenden rechtlichen Konstruktion die Erhebung einer Steuer wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, nämlich der Verkehrsteuer, zu vermeiden, nicht versagt werden kann, da diese Steuer nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt.

 

Normenkette

EWGRL 434/90 Art. 11 Abs. 1

 

Beteiligte

Zwijnenburg

Modehuis A. Zwijnenburg BV

Staatssecretaris van Financiën

 

Verfahrensgang

Hoge Raad (Niederlande) (Urteil vom 11.07.2008; Abl.EU 2008, Nr. C 285/18)

 

Tatbestand

„Rechtsangleichung ‐ Richtlinie 90/434/EWG ‐ Gemeinsames Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen ‐ Art. 11 Abs. 1 Buchst. a ‐ Anwendbarkeit auf Verkehrsteuern“

In der Rechtssache C-352/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) mit Entscheidung vom 11. Juli 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 31. Juli 2008, in dem Verfahren

Modehuis A. Zwijnenburg BV

gegen

Staatssecretaris van Financiën

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter E. Levits, A. Borg Barthet, M. Ilešič und J.-J. Kasel (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Modehuis A. Zwijnenburg BV, vertreten durch A. Bremmer, advocaat,

‐ der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und M. Noort als Bevollmächtigte,

‐ der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.-C. Gracia als Bevollmächtigte,

‐ der italienischen Regierung, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

‐ der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes als Bevollmächtigten,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 16. Juli 2009

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (ABl. L 225, S. 1).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Modehuis A. Zwijnenburg BV (im Folgenden: Zwijnenburg) und dem Staatssecretaris van Financiën wegen eines Antrags auf Rückerstattung von Verkehrsteuer, der auf eine für Betriebsfusionen gesetzlich vorgesehene Befreiung gestützt wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach ihrem ersten Erwägungsgrund soll die Richtlinie 90/434 sicherstellen, dass Umstrukturierungsvorgänge wie Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und der Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, nicht durch besondere Beschränkungen, Benachteiligungen oder Verfälschungen aufgrund von steuerlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten behindert werden.

Rz. 4

Nach dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie muss die gemeinsame steuerliche Regelung unter Wahrung der finanziellen Interessen des Staates der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft eine Besteuerung anlässlich einer Fusion, Spaltung, Einbringung von Unternehmensteilen oder eines Austauschs von Anteilen vermeiden.

Rz. 5

Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie darf die Fusion oder die Spaltung … keine Besteuerung des Unterschieds zwischen dem tatsächlichen Wert und dem steuerlichen Wert des übertragenen Aktiv- und Passivvermögens auslösen.

Rz. 6

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 90/434 darf die Zuteilung von Anteilen am Gesellschaftskapital der übernehmenden oder erwerbenden Gesellschaft an die Gesellschafter der einbringenden oder erworbenen Gesellschaft gegen Anteile an deren Gesellschaftskapital aufgrund der Fusion, der Spaltung oder des Austausches von Anteilen … für sich allein keine Besteuerung des Veräußerungsgewinns auslösen.

Rz. 7

Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 90/434 lautet:

(1) Ein Mitgliedstaat kann die Anwendung der Titel II, III und IV ganz oder teilweise versagen oder rückgängig machen, wenn eine Fusion, Spaltung, Einbringung von Unternehmensteilen oder ein Austausch von Anteilen

a) als hauptsäch...

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