Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Umwandlung, Grundstücksübertragung im Rahmen einer Verschmelzung

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 107 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass eine Steuervergünstigung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die darin besteht, dass der Übergang des Eigentums an einem Grundstück von der Grunderwerbsteuer befreit ist, wenn er aufgrund eines Umwandlungsvorgangs erfolgt, an dem ausschließlich Gesellschaften desselben Konzerns beteiligt sind, die während eines ununterbrochenen Mindestzeitraums von fünf Jahren vor und fünf Jahren nach diesem Vorgang durch eine Beteiligung von mindestens 95 % miteinander verbunden sind, die in dieser Vorschrift aufgestellte Voraussetzung der Selektivität des betreffenden Vorteils nicht erfüllt.

 

Normenkette

AEUV Art. 107 Abs. 1

 

Beteiligte

Finanzamt B

A-Brauerei

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 30.05.2017; Aktenzeichen II R 62/14; BFH/NV 2017, 1133)

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.08.2019; Aktenzeichen II R 18/19 (II R 62/14))

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland) mit Entscheidung vom 30. Mai 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Juni 2017, in dem Verfahren

Finanzamt B

gegen

A-Brauerei

Beteiligter:

Bundesministerium der Finanzen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Kammerpräsidenten M. Vilaras, F. Biltgen, K. Jürimäe und C. Lycourgos sowie der Richter M. Ilešič, J. Malenovský, E. Levits, L. Bay Larsen, C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der A-Brauerei, vertreten durch die Rechtsanwälte K. Naeve und B. Pignot, die Steuerberaterinnen K. Seiferth und C. Tillmann sowie den Steuerberater A. Linn,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Blanck-Putz, B. Stromsky und T. Maxian Rusche als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. September 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 107 Abs. 1 AEUV.

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Finanzamt B (Deutschland) (im Folgenden: Finanzamt) und der A-Brauerei wegen der dieser Gesellschaft vom Finanzamt versagten Befreiung von der Grunderwerbssteuer, die nach deutschem Recht unter bestimmten Voraussetzungen Gesellschaften zugutekommt, die im Rahmen von Umwandlungsvorgängen innerhalb bestimmter Konzerne ein Eigentumsrecht an Grundstücken erwerben.

Deutsches Recht

Umwandlungsgesetz

Rz. 3

§ 1 Abs. 1 des Umwandlungsgesetzes in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: UmwG) bestimmt:

„Rechtsträger mit Sitz im Inland können umgewandelt werden

  1. durch Verschmelzung;
  2. durch Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung);
  3. durch Vermögensübertragung;

… „

Rz. 4

In § 2 UmwG heißt es:

„Rechtsträger können unter Auflösung ohne Abwicklung verschmolzen werden

1. im Wege der Aufnahme durch Übertragung des Vermögens eines Rechtsträgers oder mehrerer Rechtsträger (übertragende Rechtsträger) als Ganzes auf einen bestehenden Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) …”

Grunderwerbsteuergesetz

Rz. 5

§ 1 des Grunderwerbsteuergesetzes in seiner auf das Ausgangsverfahren anwendbaren Fassung (im Folgenden: GrEStG) bestimmt:

„(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

  1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
  2. die Auflassung, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, das den Anspruch auf Übereignung begründet;
  3. der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. …

(2) Der Grunderwerbsteuer unterliegen auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

(2a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. …

(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer, soweit eine Besteuerung nach Absatz 2a nicht in Betracht kommt, außerdem:

  1. ein Rechtsgeschäft, d...

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