Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Vorumsätze in der Luftfahrt, Begriff des entgeltlichen internationalen Verkehrs, Lieferung eines Flugzeugs an einen anderen als das begünstigte Luftfahrtunternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Begriff „entgeltlicher internationaler Verkehr“ im Sinne von Art. 15 Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er auch internationale Charterflüge zur Befriedigung der Nachfrage von Unternehmen oder Privatpersonen einschließt.

2. Art. 15 Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388 in der durch die Richtlinie 92/111 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Befreiung auch für die Lieferung eines Luftfahrzeugs an einen Wirtschaftsteilnehmer gilt, der selbst nicht zu den „Luftfahrtgesellschaften …, die hauptsächlich im entgeltlichen internationalen Verkehr tätig sind“, im Sinne dieser Vorschrift gehört, sondern das betreffende Luftfahrzeug zum Zweck der ausschließlichen Nutzung durch eine solche Gesellschaft erwirbt.

3. Die vom vorlegenden Gericht genannten Umstände ‐ die Tatsache, dass der Erwerber des Luftfahrzeugs die Kosten für dessen Benutzung auf eine Privatperson abwälzt, die sein Anteilseigner ist und die dieses Luftfahrzeug hauptsächlich für ihre eigenen geschäftlichen und/oder privaten Zwecke nutzt, wobei die Luftfahrtgesellschaft auch die Möglichkeit hat, es für andere Flüge einzusetzen ‐ sind nicht geeignet, die Antwort auf die zweite Frage zu ändern.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 15 Nr. 6

 

Beteiligte

A Oy

A Oy

 

Verfahrensgang

KHO (Finnland) (Urteil vom 18.01.2011; ABl. EU 2011, Nr. C 89/21)

 

Tatbestand

„Sechste Richtlinie ‐ Befreiungen ‐ Art. 15 Nr. 6 ‐ Befreiung der Lieferungen von Luftfahrzeugen, die von Luftfahrtgesellschaften verwendet werden, die hauptsächlich im entgeltlichen internationalen Verkehr tätig sind ‐ Lieferung von Luftfahrzeugen an einen Wirtschaftsteilnehmer, der diese einer solchen Gesellschaft zur Verfügung stellt ‐ Begriff ‚entgeltlicher internationaler Verkehr‘ ‐ Charterflüge“

In der Rechtssache C-33/11

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Finnland) mit Entscheidung vom 18. Januar 2011, beim Gerichtshof eingegangen am 21. Januar 2011, in dem Beschwerdeverfahren der

A Oy

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Richterin A. Prechal (Berichterstatterin), des Richters L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2012,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der A Oy, vertreten durch P. Salomaa,

‐ der finnischen Regierung, vertreten durch M. Pere als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Koskinen und L. Lozano Palacios als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. April 2012

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 15 Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 (ABl. L 384, S. 47) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines von der A Oy (im Folgenden: A) eingeleiteten Verfahrens, in dem A an sie gerichtete Bescheide des Kaakkois-Suomen verovirasto (Finanzamt Südost-Finnland) anficht, mit denen Mehrwertsteuer auf den Erwerb von Luftfahrzeugen nacherhoben wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“, der Mehrwertsteuer.

Rz. 4

Art. 15 („Steuerbefreiungen bei Ausfuhren nach einem Drittland, gleichgestellten Umsätzen und grenzüberschreitenden Beförderungen“) dieser Richtlinie sieht vor:

„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsbestimmungen befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

4. Lieferungen von Gegenständen zur Versorgung von Schiffen, die

a) auf hoher See im entgeltlichen Passagierverkehr, zur Ausübung einer Handelstätigkeit, für gewerbliche Zwecke oder zur Fischerei eingesetzt sind,

5. Lieferungen, Umbauten...

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