Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustabzug, Doppelbesteuerungsabkommen, Konzernmutter, Verluste der inländischen Zweigniederlassung einer Auslandstochtergesellschaft, Fusion inländischer Zweigniederlassungen

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, nach der die gebietsansässigen Gesellschaften eines Konzerns nur dann berechtigt sind, von ihrem konsolidierten Ergebnis die Verluste einer gebietsansässigen Betriebsstätte einer gebietsfremden Tochtergesellschaft dieses Konzerns in Abzug zu bringen, wenn es die in dem Mitgliedstaat, in dem diese Tochtergesellschaft ihren Sitz hat, anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht ermöglichen, diese Verluste von dem Ergebnis der Tochtergesellschaft in Abzug zu bringen, grundsätzlich nicht entgegensteht, sofern die Anwendung dieser Regelung in Verbindung mit der eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erfolgt, das in letzterem Mitgliedstaat den Abzug der Körperschaftsteuer ermöglicht, die von der Tochtergesellschaft in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet diese Betriebstätte gelegen ist, geschuldet wird, und zwar in einer Höhe, die der für ihre Tätigkeiten gezahlten Körperschaftsteuer entspricht. Art. 49 AEUV ist gleichwohl dahin auszulegen, dass er einer solchen Regelung entgegensteht, wenn ihre Anwendung dazu führt, diesem Konzern jede Möglichkeit zu nehmen, diese Verluste von seinem konsolidierten Ergebnis tatsächlich in Abzug zu bringen, obwohl eine Anrechnung derselben Verluste auf das Ergebnis der Tochtergesellschaft in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sie ihren Sitz hat ist, unmöglich ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist

 

Normenkette

AEUV Art. 49

 

Beteiligte

NN

NN A/S

Skatteministeriet

 

Verfahrensgang

Ostre Landsret (Dänemark) (Beschluss vom 01.11.2016; Abl.EU 2017, Nr. C 121/12)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Art. 49 AEUV ‐ Körperschaftsteuer ‐ Nationale steuerliche Regelung, die die Übertragung der von einer im nationalen Hoheitsgebiet gelegenen Betriebsstätte einer in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Gesellschaft erlittenen Verluste auf eine zum selben Konzern gehörende gebietsansässige Gesellschaft davon abhängig macht, dass es unmöglich ist, die Verluste für die Zwecke einer ausländischen Steuer zu verwenden“

In der Rechtssache C-28/17

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Østre Landsret (Landgericht der Region Ost, Dänemark) mit Entscheidung vom 1. November 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Januar 2017, in dem Verfahren

NN A/S

gegen

Skatteministeriet

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J.-C. Bonichot (Berichterstatter), A. Arabadjiev und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐        der NN A/S, vertreten durch A. Ottosen, advokat,

‐        der dänischen Regierung, vertreten durch J. Nymann-Lindegren und C. Thorning als Bevollmächtigte im Beistand von S. Riisgaard, advokat,

‐        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,

‐        der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und R. Lyal als Bevollmächtigte im Beistand von H. Peytz, advokat,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 21. Februar 2018

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 49 AEUV.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der NN A/S, einer Gesellschaft dänischen Rechts, und dem Skatteministeriet (Finanzministerium, Dänemark) wegen dessen Weigerung, es dieser Gesellschaft zu gestatten, von ihrem zu versteuernden Einkommen die von der dänischen Zweigniederlassung ihrer schwedischen Tochtergesellschaft erlittenen Verluste in Abzug zu bringen.

 Rechtlicher Rahmen

 Internationales Recht

Rz. 3

Art. 7 Abs. 1 des am 23. September 1996 in Helsinki geschlossenen Abkommens der nordischen Länder zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BKI Nr. 92 vom 25. Juni 1997, im Folgenden: nordisches Abkommen) sieht vor:

„Gewinne eines Unternehmens eines Vertragsstaats können nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, das Unternehmen übt seine Geschäftstätigkeit im anderen Vertragsstaat durch eine dort gelegene Betriebsstätte aus. Übt das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit auf diese Weise aus, so können die Gewinne des Unternehmens im anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit als sie dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können.“

Rz. 4

Nach Art. 25 des nordischen Abkommens haben sich die Vertragsstaaten dafür entschieden, die Doppelbesteuerung von Betriebsstätten durch das sogenannte „Anrechnungsverfahren“ auszugleichen. Hierzu gewährt der Staat, in dem das Untern...

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