Entscheidungsstichwort (Thema)

Einführung und Wiederabschaffung des Rechts, zur Steuerpflicht eines Umsatzes optieren zu können. Belgocodex SA

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob Belgien, das von Artikel 13 Teil C der 6. EG-Richtlinie Gebrauch gemacht hatte und ein Optionsrecht für die Besteuerung der Vermietung von Gebäuden eingeführt hatte, dieses Optionsrecht später – rückwirkend – wieder aufheben konnte.

Nach dem Urteil haben die Mitgliedstaaten nach Artikel 13 Teile B und C einen großen Ermessensspielraum. Sie sind frei in der Entscheidung, ein eingeführtes Optionsrecht im Rahmen ihrer innerstaatlichen Zuständigkeiten auch wieder aufzuheben und zu der Grundregel zurückzukehren, daß die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken umsatzsteuerbefreit ist.

 

Beteiligte

Belgacodex

Belgocodex SA

État Belge

 

Gründe

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)

3. Dezember 1998

„Erste und Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Verpachtung und Vermietung von Grundstücken – Recht, für eine Besteuerung zu optieren”

In der Rechtssache C-381/97

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom Tribunal de première instance Nivelles (Belgien) in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Belgocodex SA

gegen

État Belge

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1301) und Artikel 13 Teil C der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1)

erläßt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer P. Jann (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter J. C. Moitinho de Almeida, C. Gulmann, L. Sevón und M. Wathelet,

Generalanwalt: S. Alber

Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

der Belgocodex SA, vertreten durch Rechtsanwälte Philippe Malherbe, Denis Waelbroeck und Pierre-Philippe Hendrickx, Brüssel,

der belgischen Regierung, vertreten durch Jan Devadder, Conseiller général im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Außenhandel und Entwicklungszusammenarbeit, als Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwälte Bernard van de Walle de Ghelcke und Guido De Wit, Brüssel, – der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch Hélène Michard und Enrico Traversa, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, aufgrund des Sitzungsberichts, nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der Belgocodex SA, der belgischen Regierung und der Kommission in der Sitzung vom 18. Juni 1998, nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. September 1998,

folgendes Urteil

1. Das Tribunal de première instance Nivelles hat mit Urteil vom 3. November 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 7. November 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 2 der Ersten Richtlinie 67/227/EWG des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer (ABl. 1967, Nr. 71, S. 1301; im folgenden: Erste Richtlinie) und Artikel 13 Teil C der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1; im folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der Gesellschaft belgischen Rechts Belgocodex SA (im folgenden: Klägerin) und der Verwaltung für Mehrwertsteuer, Registrierung und Staatsbesitz des belgischen Staates (im folgenden: Verwaltung) über das Recht, im Fall der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken für eine Besteuerung zu optieren.

3. Artikel 2 der Ersten Richtlinie bestimmt:

„Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem beruht auf dem Grundsatz, daß auf Gegenstände und Dienstleistungen, ungeachtet der Zahl der Umsätze, die auf den vor der Besteuerungsstufe liegenden Produktions- und Vertriebsstufen bewirkt wurden, eine allgemeine zum Preis der Gegenstände und Dienstleistungen genau proportionale Verbrauchsteuer anzuwenden ist.

Bei allen Umsätzen wird die Mehrwertsteuer, die nach dem auf den Gegenstand oder die Dienstleistung anwendbaren Steuersatz auf den Preis des Gegenstands oder der Dienstleistung errechnet wird, abzüglich des Mehrwertsteuerbetrags geschuldet, der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet hat.

…”

4. Die Sechste Richtlinie sieht in Artikel 13 Teil B vor:

„Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von St...

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