Leitsatz

1. Die An- und Weitervermietung fremden Grundbesitzes neben der Überlassung eigenen Grundbesitzes verstößt nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, wenn sie zwingend notwendiger Teil der wirtschaftlich sinnvoll gestalteten Überlassung des eigenen Grundbesitzes ist und nur einen geringfügigen Umfang hat.

2. Ein Untererbbaurecht einschließlich des vom Untererbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist "eigener Grundbesitz" des Untererbbauberechtigten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

3. Ist an einem Grundstück eine Grunddienstbarkeit bestellt, ist die Dienstbarkeit für Zwecke des § 9 Nr. 1 GewStG dem Grundbesitz zuzuordnen, zu dem das herrschende Grundstück gehört.

 

Normenkette

§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG, § 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG

 

Sachverhalt

Eine KG war als Untererbbauberechtigte Eigentümerin einer Halle, die an zwei Einzelhandelsunternehmen vermietet war. Auf dem angrenzenden Grundstück befand sich eine Lagerhalle, von der ein schmaler Teil abgeteilt und durch den das Gebäude der KG mit einer LKW-Zufahrt vor dem Nachbargrundstück verbunden war (sog. Lieferschlauch). An diesem Teil des Nachbargrundstücks war eine Grunddienstbarkeit zugunsten des Untererbbauberechtigten des mit der Halle der KG bebauten Grundstücks bestellt, wonach diesem ein ausschließliches Geh- und Fahrtrecht an der Grundfläche des Lieferschlauchs sowie ein Geh- und Fahrtrecht auf der Zufahrt zum Lieferschlauch eingeräumt war. Den auf den Lieferschlauch entfallenden Gebäudeteil hatte die KG gemietet und darin Lagerregale errichtet.

Die Tätigkeit der KG beschränkte sich darauf, ihre Halle einschließlich des Lieferschlauchs zu vermieten. Das FA war der Meinung, die KG könne wegen der Untervermietung des Lieferschlauchs die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht beanspruchen.

Dieser Auffassung widersprach das FG (FG Münster, Urteil vom 6.12.2018, 8 K 3685/17 G, Haufe-Index 12818485, EFG 2019, 373). Weil der KG eine Dienstbarkeit an der Fläche des Lieferschlauchs zugestanden habe, handele es sich bei der Mitvermietung um Überlassung eigenen Grundbesitzes. Selbst wenn man von fremdem Grundbesitz ausgehen wolle, sei von einer unschädlichen Nebentätigkeit zur Vermietung der eigenen Halle auszugehen.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA zurück. Eine Dienstbarkeit sei Bestandteil des eigenen Grundbesitzes des Berechtigten, sodass deren Verwaltung und Nutzung keine Nebentätigkeit i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sei. Die Mitvermietung des angemieteten Gebäudeteils über der Fläche, auf der die Grunddienstbarkeit bestellt sei, habe das FG revisionsrechtlich bindend als zwingend notwendigen Teil einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung der Dienstbarkeit und damit als kürzungsunschädliche Nebentätigkeit beurteilen dürfen. Dabei sei das FG zutreffend davon ausgegangen, dass kürzungsunschädlich nur Nebentätigkeiten mit einem geringfügigen Umfang seien.

 

Hinweis

1. Der BFH macht mit dem Urteil Ausführungen zur Behandlung von Untererbbaurechten (dazu unter 2.) und Grunddienstbarkeiten (dazu unter 3.) im Rahmen der gewerbesteuerlichen Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Zugleich betrifft das Urteil einen Grenzfall in Bezug auf geringfügige Nebentätigkeiten, die neben der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes ausgeübt werden dürfen (dazu unter 4.).

2. Das Erbbaurecht einschließlich des vom Erbbauberechtigten errichteten Gebäudes ist "eigener Grundbesitz" des Erbbauberechtigten i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Dem Eigentümer ist das Grundstück unter diesem Aspekt nicht mehr zuzurechnen. Dabei geht ein Untererbbaurecht wiederum dem (Haupt-)Erbbaurecht vor, sodass der Grundbesitz gewerbesteuerlich dem Untererbbauberechtigten zuzurechnen ist.

3. Eine Grunddienstbarkeit gehört für den Eigentümer des herrschenden Grundstücks zu dessen "eigenem Grundbesitz" i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und unterscheidet sich insoweit von einem obligatorischen Nutzungsrecht an dem Grundstück. Ist die Dienstbarkeit für ein Erbbaurecht bestellt, gehört sie zum Grundbesitz des Erbbauberechtigten, im Fall eines Untererbbaurechts also zum Grundbesitz des Untererbbauberechtigten. Die Nutzung der Dienstbarkeit ist deshalb Haupttätigkeit i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und steht der Kürzung nicht entgegen.

4. Im Urteilsfall lag das Problem darin, dass das über der mit der Grunddienstbarkeit belasteten Fläche errichtete Gebäude vom Eigentümer des herrschenden Grundstücks (bzw. hier Untererbbauberechtigten) angemietet und unter Überlassung des gesicherten Nutzungsrechts weitervermietet worden war.

Die Weitervermietung angemieteten Grundbesitzes ist keine Nutzung eigenen, sondern fremden Grundbesitzes und müsste deshalb schädlich für die erweiterte Kürzung sein. Denn diese wird nur gewährt, wenn ausschließlich eigener Grundbesitz genutzt oder verwaltet wird. Trotz des strengen Merkmals der Ausschließlichkeit lässt die Rechtsprechung Nebentätigkeiten aber zu, wenn diese für eine wirtschaftlich sinnvolle Verwaltung oder Nu...

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