Erfreulich ist, dass für Einkünfte im Zusammenhang mit Einheiten einer virtuellen Währung bzw. der ertragsteuerrechtlichen Einordnung die allgemeinen Grundsätze in R 15.7 Abs. 1 EStR zur Abgrenzung zwischen

  • gewerblicher Tätigkeit und
  • Vermögensverwaltung

gelten.[13]

Zu beachten ist allerdings, dass der Handel mit Kryptowährungen ganz eigenen Anforderungen und einem eigenen Tempo unterliegt.

Beraterhinweis Daher bleibt abzuwarten, inwieweit die Grundsätze tatsächlich auf den Handel mit Kryptowährungen übertragbar sind. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass derzeit wohl nicht von einer "Üblichkeit" beim Handel unter Privatleuten gesprochen werden kann.[14]

Gewerblichkeit beim Mining? In Abweichung zum Entwurf des BMF-Schreibens vom 14.6.2021, Tz. 28 wird beim sog. Mining nicht mehr widerlegbar vermutet, dass eine gewerbliche Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 EStG vorliegt. Mining und Forging können – je nach den Umständen des Einzelfalls – eine private oder eine gewerbliche Tätigkeit sein. Beachten Sie: Zu den Einnahmen gehören sowohl die Blockbelohnung als auch die erhaltenen Transaktionsgebühren.[15]

Anhaltspunkte für gewerbliche Tätigkeit: Im Hinblick auf das sog. Mininig lassen sich u.E. Anhaltspunkte für eine Abgrenzung zwischen gewerblicher Tätigkeit und Vermögensverwaltung aus der OFD NRW Kurzinformation ESt Nr. 04/2018[16] ableiten.[17] Dort heißt es, dass das Tatbestandsmerkmal der selbständigen Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG in den betreffenden Fallkonstellationen jedenfalls dann erfüllt sei, wenn der Steuerpflichtige über den Umfang der eingesetzten Rechnerleistung eigenständig entscheide. Wegen

  • der in der Regel erforderlichen hohen Rechnerleistung,
  • der immer komplexeren kryptografischen Aufgaben sowie
  • der damit zusammenhängenden Investitionen

sei von einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zudem dann auszugehen, wenn die durch Mining gewonnenen Kryptowährungen

  • veräußert,
  • gegen andere Kryptowährungen getauscht oder
  • als Zahlungsmittel eingesetzt werden.

Lägen hohe Anfangsinvestitionen (aufgrund hoher Rechnerleistungen) vor, könne überdies auf eine nachhaltige Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 2 S. 1 EStG des Steuerpflichtigen geschlossen werden.[18]

BMF = Anschaffungsvorgang bei Mining und Forging: Darüber hinaus überrascht die Aussage, dass Mining und Forging zu einem Anschaffungsvorgang führen. Denn im Schreiben der OFD NRW v. 20.4.2018 hieß es hierzu noch: "Kryptowährungen, die durch sog. Mining selbst erzeugt wurden, bzw. die Veräußerung von selbst erzeugten Kryptowährungen unterliegen nicht den Regelungen des § 23 EStG, da kein Anschaffungsvorgang vorliegt".[19]

Mögliche Rückwirkung? Insoweit stellt sich die Frage einer möglichen Rückwirkung, da in der Praxis zu erwarten ist, dass die Finanzverwaltung auch Vorgänge in der Vergangenheit in die Besteuerung (ggf. zzgl. Zinsen) einbezieht. In diesem Zusammenhang kann jedoch dahinstehen, ob die Grundsätze des Rückwirkungsverbots (bei Steuergesetzen) Anwendung finden können.[20] Nach u.E. müssen zumindest die Grundsätze zum Vertrauensschutz aus § 176 Abs. 2 AO Anwendung finden. § 176 AO gewährt den Vertrauensschutz bei ändernden Bescheiden – unabhängig davon, ob die Finanzbehörde oder das FG den Bescheid aufgehoben oder geändert hat.[21] Zwar erfasst die Norm nach ihrem Wortlaut nur rechtswidrige Verwaltungsvorschriften. Allerdings muss dies erst recht gelten, wenn Verwaltungsvorschriften zueinander im Widerspruch stehen, da der Vertrauensschutz auch im Fall der Verwaltungsvorschriften darauf beruht, dass diese veröffentlicht worden sind. Beachten Sie: Das gilt vor allem für die Richtlinien (Art. 108 Abs. 7 GG), die nicht zuletzt dank ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger, BStBl. I und als selbständige Schriften des BMF eine große Breitenwirkung entfalten, aber auch für die Verwaltungsvorschriften der obersten Behörden des Bundes und der Länder, bei denen die Veröffentlichung in "privaten" Zeitschriften usw. genügt.[22]

Mögliche Mitunternehmerschaft bei Blockerstellung über Mining-Pool: Bei der Blockerstellung über einen Mining-Pool kann – je nach vertraglicher Gestaltung – im Einzelfall auf Ebene des Mining-Pools eine Mitunternehmerschaft vorliegen. Es gelten die allgemeinen Grundsätze zur Annahme einer Mitunternehmerschaft.[23] Eine Mitunternehmerschaft liegt jedenfalls nicht vor, wenn den Betreibern des Mining-Pools von einzelnen Minern lediglich Rechnerleistung gegen Entgelt im Rahmen eines Dienstleistungsverhältnisses zur Verfügung gestellt wird. Beachten Sie: Ein Staking-Pool stellt regelmäßig keine Mitunternehmerschaft dar.[24]

[13] Vgl. BMF v. 10.5.2022 – IV C 1 - S 2256/19/10003 :001 – DOK 2022/0493899, EStB 2022, 209 (Anemüller) (in dieser Ausgabe) Tz. 52.
[14] https://blog.handelsblatt.com/steuerboard/2022/05/12/nach-13-jahren-das-bmf-schreiben-zur-besteuerung-von-krypto-assets-ist-da/.
[15] Vgl. BMF v. 10.5.2022 – IV C 1 - S 2256/19/10003 :001 – DOK 2022/0493899, EStB 2022, 209 (Anemüller) (in dieser Ausgabe) Tz. 34.
[16] OFD...

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